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„Wir sind doch keine Radaubrüder“

■ Gespräch mit Jens-Uwe V., dem Sprecher der FC Berlin-Hooligans INTERVIEW

taz: Was nehmt ihr von den Krawallen in Leipzig auf Eure Kappe?

Jens-Uwe V.: Tote und Schwerverletzte gehen auf Kosten der Polizei. Auf unsere Kappe nehmen wir die Ausschreitungen und die Schäden in Millionenhöhe, die aber nicht passiert wären, wenn die Bullen nicht geschossen hätten.

Wie reagierte denn die Hooligan-Szene auf Leipzig ?

Viele sind ratlos. Viele von uns lieben ja auch den Fußball. Wir sind doch keine Radaubrüder, die da nur hinfahren, um Krawall zu machen. Wichtig ist auch, daß unser Gegner nicht die Polizei ist.

Wer dann ?

Wir suchen den Fight mit den gegnerischen Hooligans, die das genauso wollen wie wir. Außenstehende haben nichts zu befürchten. Für uns ist das ein Sport, ein Wettkampf der Städte. Und Berlin soll eben die Nummer eins werden. Für uns ist das ein Wochenendspaß.

In der DDR war die skandalöseste Provokation, den rechten Arm gestreckt zum Gruß zu heben. Heute sind es Hochrufe auf die Staatssicherheit. Wollt ihr die bösen Buben der Gesellschaft sein?

Provozieren wollen wir schon. Wir machen uns über Blödheiten der Bürger lustig. Wenn wir in Sachsen sehen, daß die Leute da für eine DM alles machen würden, ist das für uns lachhaft und wir rufen: Eine Banane für fünfmarkzehn.

Gehts euch auch um Politik?

Wenn der FC Berlin spielt, zählt nur der Fußball. Da halten Skinheads, Parteitypen und Hooligans zusammen. Was die anderen in der Woche machen, ist doch uns egal. Es stimmt aber schon, daß uns neben dem Fußball ein gewisses Deutschtum verbindet. Und gegen die Linken stehen wir uns natürlich bei, das machen die ja auch. Wenn gewalttätige ausländische Gangs die Gewalt wollen, dann kriegen sie die Gewalt, ganz einfach.

Die Fanprojekte kritisieren, daß die Vereine euch von vornherein ausgrenzen. Wie arbeitet ihr denn mit dem FC Berlin zusammen?

Wenn der Geschäftsführer Fuchs sagt, er hätte mit uns reden wollen, ist das gelogen. Solche Gespräche fanden nie statt. Herr Fuchs soll doch froh sein, daß wir überhaupt noch zu ihm ins Stadion kommen und seinen Verein unterstützen. Kein anderer Oberliga-Verein fährt mit 500 Mann zum Auswärts-Spiel.

Der Trauermarsch in Berlin blieb gewaltlos. Ist die Revanche für Leipzig nicht sowieso für den 21.November geplant?

Erstmal ist es ein Erfolg für uns, daß es heute nicht gekracht hat, da ja die Initiative für die Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei von uns ausging.Zu Leipzig kann ich nur sagen, daß ich da nicht hinfahren werde. Ich muß mich erstmal aus den Schlagzeilen bringen. Aber wenn nicht bald klar wird, daß der Todesschuß von Leipzig fair untersucht wird, haben die da 5.000 deutsche Hooligans im Stadion. Interview: -bossi-

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