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UN-Flüchtlingskommissar muß ein Weißer sein

 ■ Aus Genf Andreas Zumach

Durch massiven Druck auf UNO- Generalsekretär Perez de Cuellar — unter anderem durch die unverhüllte Drohung, Finanzmittel zurückzuhalten — haben die USA und andere westliche Staaten die Ernennung eines Nichteuropäers zum neuen UNO-Flüchtlingshochkommissar (UNHCR) verhindert. Der letzten Freitag von de Cuellar nominierte Kabinettschef des Generalsekretärs, der Inder Virenda Dayal, verzichtete am Dienstag auf seine Kandidatur.

Die Neubesetzung des Postens war notwendig geworden, nachdem der erst seit zehn Monaten amtierende Norweger Thorvald Stoltenberg vorletzte Woche überraschend zurückgetreten war, um in Oslo Außenminister in der neuen Regierung Brundtland zu werden.

Der UNO-Generalsekretär hat das Vorschlagsrecht, die Vollversammlung muß den Kandidaten bestätigen. Auf die Nominierung Dayals reagierte Washingtons UNO- Botschafter Pickering zunächst mit der Behauptung, de Cuellar habe „die USA, den größten Beitragszahler für das UNHCR, nicht konsultiert“. Andere westliche Staaten schlossen sich dem Vorwurf an, der von de Cuellar am Montag mit ungewöhnlich scharfen Worten zurückgewiesen wurde. Im Lauf der Diskussion wurde von westlichen Diplomaten die Frage aufgeworfen, ob der Inder Dayal als „Nichteuropäer“ des Postens „würdig“ sei. Ein Europäer sei „eher in der Lage“, die für das in einer schweren Finanzkrise steckende UNHCR benötigten Finanzmittel zu besorgen. De Cuellar reagierte darauf mit dem Hinweis, daß Dayal ein „extrem erfahrener“ UNO-Beamter sei und bereits früher für 14 Jahre eine hohe Funktion in der Genfer Flüchtlingsbehörde innehatte. Anders als andere Kandidaten und frühere Hochkommissare sei er „sehr erfahren und hoch qualifiziert für den Posten“ und müsse „nicht erst angelernt werden“ — ein deutlicher Hinweis auf Stoltenberg und seine zwei europäischen Vorgänger Hocke (Schweiz) und Hartling (Dänemark). Obwohl de Cuellar an ihm festhielt, zog Dayal seine Bewerbung zurück — wegen der „erniedrigenden Kampagne“, und weil er „nicht in der Lage sei, die Attribute eines westeuropäischen Politikers zu entwickeln“, wie er in einem Brief an den UNO-Generalsekretär schrieb.

Jetzt stehen noch Kandidaten aus Norwegen, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Österreich und Neuseeland zur Auswahl.

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