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SAMSTAG COUCHPOTATO'S CHIPS & TIPSVon Harald Keller

KLETTERMAXE

Mit Fanfaren der Liebe drehte Kurt Hoffmann 1951 ein Lustspiel, das in der von Billy Wilder vorgenommenen Neuinszenierung unter dem Titel Manche mögen's heiß acht Jahre später zum Welterfolg und unsterblichen Klassiker wurde. Ob Hoffmanns Gaunerkomödie Klettermaxe als Anregung für den drei Jahre später entstandenen Hitchcock-Film Über den Dächern von Nizza diente, ist mir nicht bekannt. Es gab da aber auch noch den Kriminalschriftsteller Anthony Morton, der einen Gentleman-Dieb mit dem Spitznamen „The Baron“ erfand. Es bedarf vermutlich eines hochdotierten Forschungsauftrages, um alle Quellen und Ursprünge dieses Motivs aufzudecken.

(SAT.1, 14.25 Uhr)

SCARLET STREET

Nach seiner Übersiedlung in die USA hatte Fritz Lang erhebliche Schwierigkeiten, seinen Platz im Filmgeschäft zu behaupten. Etliche Filme kamen über die Planungsphase nicht hinaus, andere blieben künstlerisch und/oder kommerziell hinter den Erwartungen zurück. Neun Jahre nach seinem US-Debüt gründete Lang zusammen mit dem unabhängigen Produzenten Walter Wanger, dessen Ehefrau Joan Bennett und dem Drehbuchautor Dudley Nichols eine eigene Produktionsfirma, die „Diana Productions, Inc.“. Es verwundert nicht, daß Joan Bennett die weibliche Hauptrolle der ersten „Diana“-Produktion übernahm. Lang hatte schon bei Woman in the Window mit ihr gearbeitet, wie auch Edward G. Robinson und Dan Duryea in beiden thematisch verwandten Filmen zu sehen sind.

Robinson verliebt sich in das Straßenmädchen Bennett, wird zurückgewiesen, tötet sie und schiebt den Mord ihrem Zuhälter Duryea in die Schuhe. Lang war der Ansicht, daß das lebenslange Wissen um die Schuld dem Mörder eine schrecklichere Strafe sei als der Tod auf dem elektrischen Stuhl.

(Super Channel, 15.00 Uhr)

DRECKIGES GOLD

Als früherer Angehöriger der Kavallerie war Burt Kennedy nachgerade prädestiniert, Drehbücher für Fernseh- und Kinowestern zu verfassen. Er schrieb zahlreiche Szenarios für die Regisseure Budd Boetticher und Andrew V. McLaglen, bevor er selbst im Regiestuhl Platz nahm. Zunehmend setzte er in seinen Filmen ironische Elemente ein; ein gutes Beispiel hierfür ist die vom deutschen Fernsehen mehrfach ausgestrahlte Westernparodie Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe (Support your local Sheriff) mit Rockford James Garner in der Titelrolle. Etwas dezenter plazierte Kennedy die humoristischen Aspekte in Dreckiges Gold, schließlich hatte er es mit der lebenden Legende John Wayne zu tun (dessen Sohn Michael den Film produzierte), und mit einer lebenden Legende treibt man keinen Klamauk. Der Duke war 66 Jahre alt und hatte nur noch eine Lungenhälfte, als er sich 1973 von unsichtbaren Helfern in den Sattel hieven ließ, um drehbuchgemäß als alter Haudegen Lane — gemeinsam mit einigen tüchtigen Leuten — der lustigen Witwe Ann-Margret dabei behilfich zu sein, einen Goldschatz aus der Wüste zu holen. Keine Frage, daß sich auch andere, recht zwielichtige Figuren für das sandige Wertpaket interessieren.(ZDF, 20.15 Uhr)

TWIN PEAKS

Die Kölner RTLer verfügen bereits über eine Option auf Twin Peaks, aber vor Sommer nächsten Jahres ist mit einer Ausstrahlung kaum zu rechnen. Die Nordlichter haben es wieder einmal besser, sofern sie technisch gerüstet sind, den Dänen in die Kanäle zu linsen. Die nämlich zeigen ab heute die achtteilige TV- Serie des Regisseurs David Lynch, von dessen kalkulierten Geschmacklosigkeiten gutbürgerliche Skribenten sich in wohligem Ekel zu enthusiasmierten Elogen hinreißen lassen. Dabei braut Lynch nur einen Kessel Buntes aus dem, was hartgesottene Videojunkies zum Frühstück weggucken, und hat, wie der Filmkritiker R. Westendorf kundig nachwies, en detail den Wizard of Oz nachgestellt. Trotz der allgemeinen Überschätzung — auf Twin Peaks sind wir Couchpotatoes schon sehr gespannt. (Dänemark, 1. Pro-

gramm, 21.55 Uhr)

ML — MONA LISA

Acht Frauen begaben sich 1986 unter der Leitung eines tibetanischen Lamas auf dreijährige Buddha-Fahrt, darunter eine Professorin, eine Popsängerin und eine Chefsekretärin. Warum, wieso und weshalb das Ganze, versuchen Mona, Lisa und Petra Gerster herauszukriegen.

(ZDF, 18.10 Uhr)

RUTSCHKYS JAHRBUCH (1)

Der Jahreswechsel naht, der Regierungswechsel leider nicht, aber es wird langsam Zeit, Bilanz zu ziehen. Einen sehr subjektiven Rückblick auf das beinahe abgelaufene Jahr verspricht Michael Rutschkys Montage aus zeitgeschichtlichem Material, die Nord 3 als „historisches Essay“ annonciert.(Nord 3, 19.15 Uhr)

HANUSSEN

Im Mai 1932 schrieb ein Pseudonymling, vermutlich Herausgeber Straßer selbst, in der NS-Gazette 'Die schwarze Front‘ über einen Auftritt des Hellsehers Hanussen folgende Kritik: „Das Maiprogramm der ,Scala‘ hat sich mit Hanussen eine Sensation gesichert, die weit über den Rahmen eines üblichen Varietéprogramms hinausging. Das nicht nur der Form, sondern vor allem dem Inhalt nach. Es ist gewiß augenblicklich Modesache, daß Hellsehen, Asttrologie, Chiromantie usw. so hoch im Kurs stehen, aber dem in großen Zusammenhängen denkenden Betrachter scheint all das doch mehr als nur bloßer Zufall. Gerade wir konservativen Revolutionäre haben ein Empfinden dafür, daß in allen diesen Erscheinungen — so unvollkommen, so chaotisch, so problematisch sie im einzelnen sein mögen — sich doch jene neue Epoche der Innerlichkeit kündet, jene Herrschaft der Seele, die an Stelle der Herrschaft des Geistes tritt wie sie die liberale Aera ausfüllte. Es war geschickt und wirkungsvoll, daß Hanussen in seinen Einleitungs- und Schlußworten diesen allgemeinen Rahmen absteckte und seine speziellen Darbietungen in ihn einfügte. Er hob sie damit über die Zufälligkeit hinaus, die ihnen innerhalb dieses Rahmens zwangsläufig anhaften mußte; dennoch gebietet es die Chronistenpflicht, festzustellen, daß selbst in diesem Rahmen die Experimente fast restlos gelangen und eine noch geradezu verblüffende Leistung darstellten.“

„Neue Epoche der Innerlichkeit“, „Herrschaft der Seele“ und Zeitgenossen, die das Denken in großen Zusammenhängen für sich reklamieren — das klingt alles sehr vertraut und brandaktuell. Den verwirrten Seelen von der New-Age-Bewegung sollte, sofern sie den Verstand noch nicht restlos an der Garderobe abgegeben haben, zu denken geben, wessen Nachfolge sie da antreten, die eines Otto Straßer beispielsweise, der — bei Bedarf — lauthals die „Dreiheit Körper-Geist-Seele“ und anderen Unfug [„was die welt im innersten zusammenhält“, darüber läßt sich streiten — unfug ist wohl nicht die passende schublade dafür, d. s-in] propagierte. Walther Karsch warnte einst in der 'Weltbühne‘ mehrfach vor der gefährlichen „Überschätzung alles Innerlichen — gefährlich, weil die Mächtigen dieser Erde mit diesem Opium immer das beste Geschäft gemacht haben“. — So viel als Begleitmaterial zu Istvan Szabos Interpretation der mehr als dubiosen Gestalt des Scharlatans Eric Jan Hanussen.

(ZDF, 21.30 Uhr)

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