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Alias Smith & Jones

■ Neue Runde Hick und Hack um's Medienzentrum Walle: Jetzt spreizen sich die Vermieter / Ein Hintergrundgespräch

Das Medienzentrum Walle ist immer noch ein nur geplantes, ein Jahr nach der vorgehabten Inbetriebnahme. Erst verzögerte sich der Ausbau des Gebäudes in der Waller Heerstraße, in dem im Erdgeschoß bereits ein Supermarkt wirtschaftet, dann spreizte sich plötzlich Finanzsenator Grobecker. Und nun, nachdem endlich alles geklärt schien und der Senat, in persona Senatsdirektor Egon Ditt, über das Projekt seine Fittiche breitet, nun auf einmal will die Frankfurter Investoren- Gesellschaft, der das Gebäude gehört, so nicht mehr. Die taz sprach mit Ulrich-Reineking- Drügemöller, Vorstandsmitglied des Nutzer-Vereins, über die Hintergründe.

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Ulrich Reineking-Drügemöller

taz: Es steht nicht gut um das Medienzentrum Walle. Was braut sich da zusammen?

Ulrich Reineking-Drügemöller: Die Eigentümer haben nachgefaßt. Plötzlich wollen sie eine formelle Bürgschaft haben, die aber die Behörde nicht leisten kann. Egon Ditt hat sein Wort gegeben, mehr geht nicht, weil unser Nutzerverein keine rein städtische Institution ist. Aber der Mietvertrag ist ja längst mit uns abgeschlossen. Da können die nicht auf einmal kommen und ganz neue Forderungen stellen. Zumal Egon Ditt, nebenbei Schatzmeister unseres Vereins, schriftlich erklärt hat: Ein Wort des Senats, das gilt im Lande Bremen!

Wer sind die Eigentümer?

Das ist eine sogenannte Gesellschaft bürgerlichen Rechts, also GbR, bestehend aus irgendwelchen Herren Schütz oder Schmidt oder so ähnlich samt Partnern.

Das klingt ein wenig nach Smith & Jones. Sind das womöglich Bankrotteure?

Ich werde mich hier nicht in übler Nachrede üben. Aber man könnte auf sowas kommen.

Vielleicht wollen die euch einfach raushaben.

Auch das ist denkbar. Die Bank der Eigentümer, die im Hintergrund wirkt, denkt womöglich daran, jetzt andere als die vereinbarten Nutzergruppen, vielleicht zahlungskräftige gewerbliche Mieter aufzunehmen. Das widerspräche aber geltenden Vereinbarungen. Der Beirat Walle hat den Bau nur genehmigt unter der Voraussetzung, daß das Obergeschoß kulturell genutzt wird.

Wer ist wir? Wer wird das Zentrum nutzen?

Das sind Kommunalkino, Landesbildstelle, das Filmbüro und die Mediengruppe WieDeo, der Offene Kanal, die Schülervideoten NullSatt und die Volkshochschule.

Man hat munkeln hören von Überlegungen seitens der Nutzer, die ja nicht alle in den Standort Walle verliebt sind, bei der Gelegenheit gleich um Unterschlupf in der gescheiterten Markthalle zu ersuchen.

Solche Überlegungen hat es vielleicht hie und da gegeben. Ich hoffe aber, daß alle Nutzer bei ihrem auf der letzten Krisensitzung des Vorstands erklärten Standpunkt bleiben: am Standort Walle auf jeden Fall festzuhalten. Im übrigen sind an den Standort ja auch strikt die von der Stadt bewilligten und zum Teil bereits investierten Mittel gebunden.

Du kennst ja Waller und Wallerin. Was wollen diese?

Für die Waller Kultur wäre ein Medienzentrum schon eine ideale Ergänzung. Man muß aber auch bedenken, daß es in Walle seit knapp 30 Jahren kein Kino mehr gibt, daß es also neben Workshops und Filmen für das qualifizierte Interesse auch eine normale Vorführstätte geben muß.

Das Medienzentrum, wenn's noch was wird nach allem Hick und Hack, steht ja auch diesbezüglich auf geweihtem Boden.

Ja, das alte Dekla-Gelände, wie es in Walle immer noch genannt wird. Da stand bis in die Sechziger das Dekla, ein großes, bedeutendes Erstaufführungskino mit Populärprogramm. Überhaupt, die Waller Heerstraße war eine Kinomeile. Das alles ist nicht einfach getilgt. Es wäre wünschenswert, wenn das Kommunalkino beispielsweise diesen Bedürfnissen Konzessionen machte, etwa mit populären Filmen.

Sonst Wünsche?

Wo man nicht immer auf die Einspielergebnisse schielen muß, könnte man doch mal thematische Schwerpunkte machen, sagen wir, Thema Krieg, mit Kinofilmen, aber auch Videoproduktionen über Bremen als Rüstungshafen, über Walle im Krieg, begleitet von Ausstellungen der Landesbildstelle, auch über Walle allgemein; NullSatt könnte Leute nach ihren Erfahrungen befragen undsoweiter. Oder man kombiniert Dokumentationen der Hafenwirtschaft mit Hans-Albers-Filmen. Da wären, mit allen Medien, die interessantesten Zusammenhänge herzustellen. Der Stadtteil soll sich wiederfinden können.

In einer Fortsetzung des Dekla mit fortgeschrittenen Mitteln.

Ich gebe gern zu: wir Waller hätten uns auch gewünscht, daß der alte Name für das neue Projekt erhalten bleibt, anstatt daß das Zentrum jetzt, wie beschlossen, „Nova 46“...

...“Nova 58“...

...oder eben „Nova 58“ oder wie auch immer genannt wird. Das ist ein Name, da höre ich immer Spielhalle. Und das an einer Stelle, wo sich sogar neue Apotheke gegenüber Dekla-Apotheke nennt. Fragen: Manfred Dworschak

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