: Der Gute-Laune-Gau
■ Heute: »HB«-Erlebnispausen aus dem Schreibstubenmilieu JUGENDFREIEGLIMMERFILME
Eine Menge sonderbarer Zigarettenmarken gibt es in den Automaten, deren Raucher vom Aussterben bedroht sind. »Ernte 23« beispielsweise weist eine sehr ausgedünnte Fangemeinde auf und wird lediglich auf Axel-Springer-Empfängen noch im Becher gereicht. Noch abwegiger: »Reval«, die sich vielleicht noch bei Funkamateuren in der Provinz oder bei Rußlandheimkehrern einer gewissen Beliebtheit erfreut.
Zu dieser Weg-durch-Krebs-Clique der altmodischen Rauchwaren gehörte lange Zeit auch »HB«, die Marke des cholerischen, kleinen Angestellten, der gerne die Wände hochgeht. Von all den seltenen Zigarettenarten hat »HB« als erste den neuen Aufgabenbereich angepackt, nämlich eine »HB«-Jungschar auszubilden. Abenteuermänner und Freizeitgruppen waren schon besetzt, blieb irgendwie noch der Lebensraum Schreibstube mit flotten modernen Lohnsklaven. »Offen für Estland« oder »Hol dir das würzige Aroma der Ostgebiete« hätte es treffsicher für die »Reval«-Jugend gelautet. Die neugestartete »HB«-Offensive aber wollte nicht so recht mit dem topaktuellen »Maas-to-Memel«- Trend gehen und entschied sich für den Risikobereich: »Gute-Laune-Splatter«, in dem sich der »HB«-Mann beweisen muß.
Zwischen Büro und Bistro lauert auf ihn eine Welt voll tödlichem Witz und stechuhrfeindlicher Ablenkung. Originelle Situationen tun sich gefährlich um ihn auf, humorvoll aufspritzende Grotesken locken ihn auf Flirtminen, denen er gerade noch durch einen Sprung zu einem Stand knuspriger Baguettes entkommen kann. Einmal bewaffnet er sich sogar mit einer Schaufensterpuppe, um seinen Gegner mit einer tödlichen Waffe zu schlagen: dem unwillkürlichen Schmunzeln.
Siegesgewiß nähert sich »HB«-Patrick dem Mittagspausenbistro, das Jever light schon so gut wie getrunken, der Zuschauer entspannt sich, doch da! Nach unwegsamer Flucht sitzt seine Arbeitskollegin an seinem »HB«-Tisch: Trashwoman! Auf dem Kopf ein puscheliges Filzbarett, um die Schultern ein Cape, in Künstlerpose; das ganze, oh Gott, in modischpastelligen Herbstfarben! Er zuckt kurz auf unter ihrem Weight- Watchers-Blick, versucht es mit einer letzten Gute-Laune-Attacke, doch die aufpeitschende Titelmusik verebbt, und mit dem letzten Akkord seiner — Patricks — Niederlage läßt der Barkeeper die Erlebnispause zu einer durch die Luft geschleuderten Packung »HB« gerinnen. S.A.F.T.
Der Kurzfilm »HB« (D, 1990, 90 sec.) ist in jedem guten Kino zu sehen.
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