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■ NOCH 3319 TAGE BIS ZUM JAHR 2000Maggies Arbeiterklasse

Ein Londoner Richter hatte einen Streit zweischen zwei Multimillionären zu schlichten: Die stinkreiche Lady Porter, Stadtratsvorsitzende des Londoner Stadtteils Westminster, wollte gerichtlich feststellen lassen, daß es auf der britischen Insel keine Arbeiterklasse mehr gibt. Mit dieser Entscheidung wäre sie frei gewesen, 532 Wohnungen zu verkaufen, die ein Vorfahr ihres Widersachers, des Herzogs von Westminster, dem Stadtrat 1937 unter der Bedingung für 999 Jahre überlassen hatte, daß sie ausschließlich zur Behausung von Arbeitern genutzt werden. Der heutige Herzog von Westminster, der reichste Mann der Insel, hatte sich geweigert, diese Bedingung in dem Pacht-Vertrag zu streichen. Der weise Richter klärte die Frage eindeutig: Großbritannien hat noch eine Arbeiterklasse!

Ein anderer britischer Millionär sorgt sich ebenfalls um die Arbeiter. Popstar Paul McCartney hat letzten Montag eine Platte veröffentlicht, auf der er das Elend und die Arbeitslosigkeit in Großbritannien anprangert. Die Scheibe ist nach einem traditionellen Sklavenlied All my Trial (All meine Heimsuchungen) betitelt. Der Ex-Beatle will das Werk nicht als einen persönlichen Angriff auf Maggie Thatcher verstanden wissen. Vielmehr stelle es einen Angriff auf das „Erbe des Thatcherismus“ dar, der eine gleichgültige Gesellschaft hervorgebracht habe. Der gute Paul zeigte sich schockiert und besorgt über die Zukunft von Hunderttausenden benachteiligten Menschen, besonders angesichts der Vorweihnachtszeit.

Währenddessen hat die Ex-Premierministerin selbst gute Chancen auf einen Platz in der britischen Hitparade. Denn seit der Kampf um die Führung der Konservativen Partei entbrannte, ist ein Popsong der Gruppe Big Ben and the Blackbench Boys, den noch im letzten Jahr niemand hören mochte, ein ganz heißer Renner geworden. In dem Lied Political Asylum sind Redeausschnitte von Maggie und anderen Größen der konservativen Partei in einem Disco- Mix zusammengeschnitten.

Auch als Gartenzwerg läßt sich Maggie hervorragend vermarkten. Die Wichtel „mit dem typischen drohenden Zeigefinger“ sind nach Angaben von Mike Peary, Chef eines Gartenzwergzentrums, in letzter Zeit zu Hunderten verkauft worden. „Manchmal war die Farbe noch nicht trocken, als mir die Zwerge auf der Hand gerissen wurden“, freut er sich. Peary ist überzeugt, daß die Maggie-Zwerge länger halten als die Eiserne Lady. „Sie sind schließlich aus Stein.“ Karl Wegmann

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