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Berliner V-Mann erhielt Prämien für Straftaten

Berlin (taz) — Der Berliner Verfassungsschutz hat es nicht nur versäumt, Straftaten seiner V-Leute zu verhindern — er hat im Gegenteil dafür sogar Prämien gezahlt. Das teilte gestern der Berliner Innensenator Erich Pätzold mit. Er sprach von einer „unvorstellbaren Pflichtverletzung“ der zuständigen Mitarbeiter und kündigte „alle gebotenen straf- und dienstrechtlichen Folgerungen“ an. Nach Pätzold ist einem V-Mann des Berliner Landesamtes 1988 von seinem Führungsbeamten erklärt worden, er müsse bei möglichen Kleingruppenaktionen mit strafbaren Handlungen rechnen. Gegen alle rechtlichen Grundlagen sei dem V-Mann dabei zugesagt worden, daß seine Teilnahme an „Hausfriedensbrüchen, Sachbeschädigungen und Störungen öffentlicher Betriebe mitgetragen“ werde. Der V-Mann-Führer schlug seinem Spitzel sogar vor, seinen Fluchtweg mit einem Bolzenschneider zum Zerschneiden von Stahlketten zu garantieren. Und wie sollte es anders sein: Der Bolzenschneider wurde im Mai vom Landesamt beschafft. Nur kurze Zeit später war der V-Mann — der wegen einer früheren Straftat auch noch eine Bewährungsstrafe offenhatte und unter Führungsaufsicht stand — an der Sachbeschädigung an einem abgestellten U-Bahn-Zug beteiligt. Das Amt dankte ihm mit einer Prämie von dreihundert Mark.

Im März 1989, kurz vor dem Regierungswechsel, billigte dann der damalige Staatssekretär Wolfgang Müllenbrock ein Sicherheitskonzept zum „Abtauchen“ des V-Mannes, demzufolge dieser Zahlungen innerhalb eines begrenzten finanziellen Rahmens erhalten sollte.

Bei der Überprüfung der Zahlungen des Berliner Verfassungsschutzes an seine V-Leute stolperte nun Pätzolds Behörde über den neuen Skandal im Landesamt. Es stellte sich heraus, daß die unmittelbar beteiligten VS-Mitarbeiter nicht nur gegen ihre Informationspflicht verstoßen haben, dem V-Mann wurde darüber hinaus auch ein Vielfaches der ausgemachten Zahlungen geleistet. wg

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