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Streit um schwarze Einheit

Südafrikas schwarze Politiker wollen Differenzen ausräumen/ Kritik an ANC-Verhandlungen mit Regierung/ „Kultur der Toleranz“ gefordert  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Unter Vorsitz des anglikanischen Erzbischofs Desmond Tutu trafen am Donnerstag prominente schwarze Politiker in Kapstadt zusammen. ANC-Vizepräsident Nelson Mandela, Führer der wichtigsten Rivalen des ANC — der Azanischen Volksorganisation Azapo und des Panafrikanistischen Kongresses (PAC) — und Homeland-Politiker versuchten, größere Einheit zwischen den verschiedenen Organisationen herzustellen. Vor dem Treffen hatte Tutu gewarnt, daß Politiker, die eine Beteiligung verweigern, als „Feinde der Befreiung“ verurteilt werden würden. Schließlich erschienen aber weder Inkatha- Führer Mangosuthu Buthelezi noch die Führer der Homelands Ciskei, Qwa Qwa und Bophuthatswana.

Am Donnerstag wurde beschlossen, sich erneut um eine Beteiligung von Buthelezi und anderen bei zukünftigen derartigen Treffen zu bemühen. Blutige Konflikte in Slumsiedlungen bei Johannesburg, die auf die Spannungen zwischen Inkatha und anderen politischen Gruppen zurückgeführt werden, haben in den letzten zehn Tagen wieder mehr als 80 Tote gefordert. Allein in der Siedlung Zonkesizwe östlich von Johannesburg starben 70 Menschen. In diesem Jahr sind bei derartigen Konflikte in den Townships über 800 Menschen ums Leben gekommen.

In einer gemeinsamen Erklärung machten die Politiker Teile der Sicherheitskräfte für die Gewaltwelle der letzten Monate verantwortlich. Diese „dritte Kraft“ habe es sich zum Ziel gesetzt, Initiativen zur Bildung einer demokratischen Gesellschaft zu zerstören. Die Erklärung räumte aber auch ein, daß „ein Teil der Gewalt Ergebnis politischer Rivalitäten“ zwischen schwarzen Oppositionsgruppen ist. „Wir rufen unsere Unterstützer und die Bevölkerung zu Disziplin auf, um eine Kultur der Toleranz zu entwickeln“, hieß es.

Der ANC wünscht sich eine einheitliche Front aller Oppositionsgruppen in Verhandlungen mit der Regierung über eine neue südafrikanische Verfassung. Auch der radikalere PAC und Azapo betonten die Notwendigkeit der „Einheit der Unterdrückten“. Azapo-Präsident Itumeleng Mosala nannte das Treffen bei Tutu einen „ersten Schritt“ zur Einheit unter Südafrikas 28 Millionen Schwarzen. Und sowohl Nelson Mandela als auch der PAC-Vizepräsident Clarence Makwethu betonten bei einem Gipfel von Staatschefs aus dem südlichen Afrika in Swasiland am Wochenende, daß sie sich für eine Einheitsfront einsetzen würden.

PAC und Azapo haben allerdings wiederholte Einladungen von seiten der Regierung zur Beteiligung an Verhandlungen bisher abgelehnt. Der PAC weigert sich, mit der Apartheidregierung und den von ihr geschaffenen politischen Strukturen zusammenzuarbeiten. PAC-Generalsekretär Benny Alexander sagte am Mittwoch, seine Organisation würde sich auf keinen Fall zusammen mit dem ANC an derzeitigen Verhandlungen beteiligen, sondern nur an einer demokratisch gewählten verfassunggebenden Versammlung. In einer solchen Versammlung müsse dann allerdings eine Einheitsfront der Schwarzen entstehen.

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