: In der Umkleidekabine des Lebens
■ Zu Besuch bei einer Coachin: Heike Herzog bietet in Bremen eine neue Form der Lebensberatung an
Coaching. Coaching? Da denkt man doch gleich an Boris Becker und Coach Bosch. Aber punktuelle Lebens-Beratung, eine Art Psycho-Training, im Alltagsleben von dir und mir? Heike Herzog, Pädagogin und Germanistin (Spezialgebiet Linguistik) mit Coaching-Ausbildung in einschlägigen Seminaren, hat gerade eine „Coaching-Praxis“ in Bremen aufgemacht.
hierhin bitte
den Frauenkopf
mit Brille
taz: „Coaching statt Couch“ haben Sie eine Ihrer Werbe-Anzeigen überschrieben, d.h. Beratung statt Therapie. Ist die Zeit reif für mentales Training?
Heike Herzog: (lacht) In gewisser Weise könnte man das so sagen. Ich denke, wir sind sehr darauf getrimmt, Sachen alleine zu machen, in der Art: Ich krieg' das schon irgendwie hin. Aber um ganz bestimmte Ideen zu kriegen, dazu kann man sich z.B. coachen lassen.
Könnte man das mit einem Sporttraining vergleichen?
Ja, Coachen kommt natürlich daher. Aber inzwischen haben im Top-Management viele Manager ihren persönlichen Coach. Da funktioniert, wie bei Spitzensportlern, das Alleinemachen nicht mehr.
Wie funktioniert denn das Zusammenmachen?
In bestimmten Situationen sind wir sehr gefordert — in Prüfungssituationen, Verhandlungen, schwierigen Gesprächen. Nehmen wir mal die Prüfungssituation: Plötzlich spürst du, du bekommst nicht mehr mit, was der Prüfer gefragt hat. D.h. du bist woanders, nicht wirklich mit der Sache beschäftigt. Da kann Coaching bewirken, daß jemand in so 'ner Situation wirklich auf dem Spielfeld ist — so nenn' ich das gerne. Und Coaching ist für mich sowas wie in der Umkleidekabine sein, also jemanden fit machen dafür, daß er auf dem Spielfeld voll rausgehen kann.
Was passiert denn in der Umkleidekabine?
Es ist schwierig, das theoretisch zu erklären. Ich gehe davon aus, daß Leute bestimmte Blockaden haben. Und da gilt es, jahrelang eingeübte Muster zu durchbrechen. Es gibt Situationen, wo wir nur deshalb nicht erfolgreich oder effektiv sind, weil da Fähigkeiten nicht zur Verfügung stehen, die wir sonst durchaus haben.
Wir können's ja mal praktisch durchspielen und ich erfinde (!) mir eine schwierige Situation.
Okay:
Kennen Sie bei sich selbst Bereiche, wo Sie gerne was ändern möchten, wo bisher etwas auf nicht zufriedenstellende Art und Weise gelaufen ist?
Tjaaa: Nehm' ich mal ein schwieriges Interview. Sagen wir, ich muß mehrere Leute auf einen Schlag interviewen, die mich nicht besonders interessieren, die aber irgendwie wichtig sind.
Haben Sie konkret jemand vor Augen?
Na klar.
Ein bißchen konkreter vielleicht?
Sagen wir, die Situation ist so, daß ich von mehreren Männern, die ich alle für Spitzbuben halte, Informationen haben will.
Wie würden Sie sich die Situation wünschen? Nach dem Motto: Wenn das soundso laufen würde, würde ich das toll finden.
Na: Ich wie eine Art Django — cool, unbeeindruckt, schwer kompetent, zackige Fragen.
Okay, schauen wir mal: Was macht eigentlich diese Leute aus? Sie hatten ein bestimmtes Bild von denen, das Sie während des Interviews aufrechterhalten haben. Dann gibt es den Punkt der Vorbereitung: daß Sie sich z.B. vorher überlegen, was kommuniziert meine Kleidung und was will ich, soll sie signalisieren. Dieses Wunschbild ist natürlich auch 'ne interessante Sache: also schwer kompetent, zackige Fragen — ist natürlich die Frage, ob Sie das selbst wären. Fangen wir bei den Spitzbuben an: Trennen Sie doch mal, wo die faktisch so sind und was Ihr Bild aus ihnen macht.
Naja, wenn ich so überlege, dann verschwimmt ziemlich viel Interpretation mit ziemlich wenig Fakt.
Das ist genau die Schwierigkeit: Wir sind so involviert in unsere Muster, daß wir häufig wie vor 'ner Mauer stehen. Klarheit verschaffen kann da jemand, der außen steht, ein Leben anders wahrnimmt. Und ein Coach ist eben trainiert, in einer bestimmten Weise zu sprechen und zuzuhören. Bei Ihrem Beispiel würde ich versuchen, ob diese Männer neu für Sie auftauchen könnten oder daß Sie merken: Wie tauchen die überhaupt für mich auf. Im Grunde könnten wir jetzt anfangen, uns wirklich damit zu beschäftigen. Da arbeite ich dann mit NLP.
Was ist das denn?
Das ist Neurolinguistisches Programmieren und ist von zwei amerikanischen Linguisten und Mathematikern erfunden worden. Die haben Therapeuten beobachtet und festgestellt, daß eine bestimmte Art von Kommunikation sie erfolgreich macht. Und bei dieser Kommunikationstechnik beziehe ich alle Sinne mit ein — Richtung mentales Training. Ich visualisiere dann: D.h. ich versetze jemand in die Lage, sich wieder in eine bestimmte Situation zu versetzen. Damit derjenige mitkriegt: Wo in meinem Körper fühl' ich das besonders. Oder: Wenn jemand soundso spricht, dann reagier' ich soundso. So daß ich in zukünftigen Situationen gleich spüre: hey, Alarmbereitschaft, ist wieder so weit. Und wir spielen hier durch, was für eine Fähigkeit ich da abrufen könnte.
Wie läuft die Kontaktaufnahme?
Der Einstieg geht mit fünf Stunden, wo ich einen Überblick bekomme. Und danach biete ich Telefon-Coaching an. Da kann man mich quasi als verpflichtete Zuhörerin weiter nutzen. Fragen: claks
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen