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ANC fordert Verfassungskongreß

Mandela nimmt de Klerks Vorschlag einer Verfassunggebenden Versammlung auf  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) hat zu einem Allparteienkongreß aufgerufen, um die Grundlagen für eine neue Verfassung für Südafrika auszuarbeiten. Der Aufruf ist enthalten in einer Erklärung, die am Dienstag in Johannesburg zum 79. Geburtstag der Organisation veröffentlicht wurde. ANC-Vizepräsident Nelson Mandela erklärte im Namen der ANC-Exekutive, daß keine politische Gruppierung, auch nicht rechtsextreme weiße Gruppen, ausgeschlossen sind.

Der ANC sieht drei Funktionen für eine Allparteienkonferenz vor: die Bestimmung „breiter Grundlagen, innerhalb derer detaillierte Arbeit an einer Verfassung getan werden kann“; Entscheidungen über die Beschaffenheit des Gremiums, das die Verfassung ausarbeiten wird; schließlich die Bildung einer Übergangsregierung, die den Prozeß der Demokratisierung überwachen soll.

Die Regierung unter Präsident Frederik de Klerk hat schon seit einiger Zeit eine ähnliche Konferenz gefordert, um Verfassungsgrundlagen zu schaffen. Aber de Klerk lehnt die ANC-Forderungen nach einer Verfassunggebenden Versammlung und einer Übergangsregierung ab. Mit seinem Aufruf zu einer Allparteienkonferenz geht der ANC einerseits auf die Position der Regierung ein, schließt aber gleichzeitig eine Verfassunggebende Versammlung und eine Interimsregierung mit ein. Das wurde von Beobachtern allgemein als Versuch des ANC interpretiert, die politische Initiative zurückzugewinnen. Die ANC-Erklärung, die traditionsgemäß ein Aktionsprogramm für den Rest des Jahres festlegt, wiederholt im übrigen die Entscheidungen der ANC-Strategiekonferenz von Mitte Dezember. Der ANC reklamiert erneut sein Recht, Großdemonstrationen zu veranstalten. „Unser Land wird noch immer von einem weißen Apartheid-Minderheitsregime regiert“, heißt es. „Das ist eine Situation, die keine netten Worte und Bekenntnisse zu einer demokratischen Zukunft vertuschen können.“

Der ANC warnt, daß er „die Situation erneut überprüfen“ wird, wenn die Regierung Hindernisse auf dem Weg zu vollwertigen Verhandlungen nicht bis zum 30. April entfernt hat. Dazu gehören die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Rückkehr aller exilierten Südafrikaner. Diese haben sich trotz gegenteiliger Abkommen zwischen ANC und Regierung monatelang verzögert. Die Erklärung betont, daß gegen Südafrika verhängte Sanktionen aufrechterhalten werden sollen. Doch hier wird Flexibilität angedeutet. Da ist die Rede von Diskussionen über „internationale Interventionen, die dazu beitragen könnten, den Abbau des Apartheidsystems zu beschleunigen“. Damit wird allgemein die schrittweise Aufhebung von Sanktionen gemeint. Die EG hat als ersten Schritt im Dezember ein Verbot von Neuinvestitionen in Südafrika aufgehoben.

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