piwik no script img

Kriegsbilder werden zur Routine

Nach militärischen Stellungen werden nun Iraks Eliteeinheiten Ziel der US-Luftangriffe  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Die Fernsehbilder gleichen sich seit Tagen: Von Flugzeugträgern übers Meer hinauskatapultierte US- Kampfbomber fliegen neue Luftangriffe auf irakische Ziele. Erschöpfte Piloten klettern nach grundsätzlich erfolgreichen Missionen aus der Flugkanzel ihrer Maschinen und berichten begeistert von der Herausforderung und dem Nervenkitzel des Luftkampfes. Ohne weitere dramatische Gegenattacken wie die auf Israel abgefeuerten „Scud-B“-Raketen Saddam Husseins wird der TV- Krieg bald langweilig werden. Noch bis Anfang Februar soll diese Bombardierungsroutine andauern, so betonen Pentagon-Sprecher, ehe die Zeit für einen Einsatz der Bodentruppen gekommen sei. Allerdings hoffe man, daß es dazu nicht kommen werde; daß die Moral der irakischen Truppen schon vor einem schmutzigen Landkrieg gebrochen werden könne.

Dennoch hat sich der Charakter der sogenannten „Luftkampagne“ seit dem Wochenende verändert. Auf einer Pressekonferenz in Washington erklärte Generalleutnant Thomas Kelly als Vertreter der Stabsvorsitzenden, die USA hätten sich eine „regionale Lufthoheit“ erkämpft, die es den Allierten nunmehr erlaube, die Verfolgung in den Norden geflüchteter irakischer Kampfflugzeuge und die Zerstörung der mobilen Scud-Raketenbatterien zu intensivieren. Angeblich wollen amerikanische und britische Flugstaffeln bei der Lokalisierung und Vernichtung der Israel bedrohenden Scud-Batterien am Wochenende weitere Fortschritte gemacht haben.

Nach der Bombardierung von Kommandozentralen, Rollbahnen, Militär- und Industrieanlagen richten die amerikanischen und alliierten Flugstaffeln ihre Fadenkreuze nun zunehmend auf die acht Divisionen der Republikanergarde Saddam Husseins in Kuwait und im südlichen Irak. Seit Samstag werden auch die tiefeingegrabenen Stellungen der irakischen Eliteeinheiten von den riesigen B-52-Bombern angegriffen. Ziel ist es, diese schlagkräftigen Einheiten der irakischen Armee von ihren Nachschublinien abzuschneiden und ihre Kampfmoral zu untergraben. Gleichzeitig rüsten die übrigen Waffengattungen für einen Einsatz im Februar, für den Fall, daß die Irakis nach den Angriffen auf die Republikanergarde weiterkämpfen wollen. Nach Erfüllung des Schlachtplans wird die US-Luftwaffe den heimischen Budgetplanern ihre High- Tech Waffen vorgeführt haben, wird das Expeditionskorps der Marines seine Daseinsberechtigung mit amphibischen Landemanövern unter Beweis gestellt haben, wird die Navy ihre 12 Flugzeugträgergruppen verteidigt haben und wird schließlich die Armee mit ihrem Sturm auf Kuwait auf die bleibende Bedeutung der Bodentruppen hingewiesen haben.

Die Verluste der Alliierten werden vom Pentagon bis zum Sonntag auf 10 Flugzeuge beziffert. Während den USA bisher 12 irakische Kriegsgefangene in die Hände gefallen sind, befindet sich angeblich keiner der 11 vermißten US-Piloten in Händen des Gegners. In diesem Zusammenhang war am Samstag einer der in den USA verbleibenden drei Repräsentanten der irakischen Regierung ins US-Außenministerium vorgeführt worden, um ihn auf die Verbindlichkeit der Genfer Konventionen zum internationalen Kriegsvölkerrecht von 1949 hinzuweisen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen