„Kein Fall bekannt“

■ Antrag der SPD „zur Sicherung der Kriegswaffenkontrolle“ schon 1985 abgeschmettert

Berlin (taz) — Gesetzgeberische Maßnahmen zur Kontrolle der legalen und illegalen Rüstungsexporte, wie sie jetzt von der Bundesregierung gefordert werden, standen schon einmal zur Abstimmung. Ein Gesetzentwurf „zur Sicherung der Kriegswaffenkontrolle“ der SPD-Fraktion wurde am 23. Mai 1985 zur weiteren Beratung vom Bundestag an den Wirtschaftsausschuß überwiesen. In ihrem Entwurf beanstandeten sie vor allem, daß nach der geltenden Rechtslage die Genehmigungspraxis der Bundesregierung nicht gerichtlich kontrolliert werden kann, illegale Exportgenehmigungen keine Straftat darstellen und daß der Bundestag keinerlei Einfluß darauf hat, was von der Regierung als Kriegswaffe definiert wird.

Abhilfe versprachen sich die SPDler, unterstützt von den Grünen, von einem „Beauftragten für die Kriegswaffenkontrolle“. Eine „Endverbleibsklausel“ sollte bei legalen Rüstungsexporten gesetzlich verankert werden — bei illegalen Waffengeschäften sollten die Schieber und die Genehmiger vor Gericht gebracht werden können. Das Gesetz sollte auch verhindern, „daß die Produktion von Teilen von Kriegswaffen und der Handel mit ihnen dem Genehmigungsverfahren des Kriegswaffenkontrollgesetzes entzogen werden“.

Die SPD-Initiative scheiterte: Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktion empfahl der Wirtschaftsausschuß, den Gesetzentwurf abzulehnen. Auch der Haushalts-, Verteidigungs- und Rechtsausschuß sowie der Auswärtige Ausschuß und der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit votierten mehrheitlich dagegen.

Für den Wirtschaftsausschuß hielt Berichterstatter Herbert Lattmann (CDU/CSU) im November 1985 fest: „Die Mehrheit im Ausschuß war der Auffassung, das Kriegswaffenkontrollgesetz sei weltweit eine der strengsten Regelungen dieser Materie.“ Dessen Handhabung „könne im internationalen Vergleich als besonders streng bezeichnet werden“. Es sei auch „kein Fall bekannt, in dem die Genehmigungsbehörden entgegen den gesetzlichen Vorschriften Genehmigungen erteilt hätten“. Weitere Exportrestriktionen, schrieb Lattmann nieder, würden zudem zu einer Verminderung der Stückzahlen bei den hochkomplexen Waffensystemen führen und damit „die Preise für die von der Bundeswehr anzuschaffenden Waffen und Waffensysteme erhöhen“. Im übrigen stellte der Ausschuß fest, nehme weltweit die Rüstungsproduktion zu: „Jeder Rückzug eines Staates aus der Produktion von Kriegswaffen führt dazu, daß die Herstellung in einem anderen Staat ... ausgeweitet wird.“ Nachzulesen in der Bundestagsdrucksache 10/4275. Wolfgang Gast