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Sind die Townships außer Kontrolle?

Trotz Friedensappellen geht die Gewalt in Südafrikas Schwarzensiedlungen weiter/ Inkatha macht ANC für neues Massaker verantwortlich/ Polizeiminister lobt sich selbst für Massenverhaftungen  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Mindestens 17 Menschen sind in Südafrika am Sonntag ums Leben gekommen, als Unbekannte in der Provinz Natal das Feuer auf zwei Busse voller Anhänger der Zulu-Organisation Inkatha eröffneten. Die Businsassen kamen von einer Inkatha-Versammlung, bei der 45.000 Menschen für ein Ende der seit fünf Jahren andauernden blutigen Kämpfe mit Sympathisanten des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) gebetet hatten. Der Angriff fand außerhalb von Pietermaritzburg in einer Gegend statt, in der die Kämpfe besonders viele Opfer gefordert haben.

Es ist der schwerste Angriff, seit Inkatha-Präsident Mangosuthu Buthelezi und ANC-Vizepräsident Nelson Mandela Ende Januar ein Friedensabkommen unterzeichneten. Ein örtlicher Inkatha-Führer, David Ntombela, machte „ANC-Leute“ für den Angriff verantwortlich. „Wir und die Regierung wissen, daß der ANC das Land erobern will und alle Kämpfe verursacht“, sagt Ntombela. „Wie lange müssen wir Angriffe auf Leute hinnehmen, die zu einer Gebetsversammlung gekommen sind? Jetzt ist es genug.“

Deutlich wird damit, daß Abkommen zwischen Spitzenpolitikern der beiden Organisationen noch keineswegs von einfachen Mitgliedern akzeptiert werden. Inkatha und ANC haben verschiedene Initiativen angekündigt, um das Abkommen an der Basis durchzusetzen. Dazu gehören gemeinsame Besuche von Mandela und Buthelezi in den umkämpften Gebieten. Aber noch hat es keine konkreten Schritte gegeben.

Auch in Bekkersdal, einem Wohngebiet für Schwarze westlich von Johannesburg, wurde am Wochenende ein Mann ermordet. Hier haben Kämpfe zwischen Anhängern des ANC, Inkatha, des PAC und der Azapo in den letzten zwei Wochen mehr als ein Dutzend Tote gefordert. Bei einer gemeinsamen Friedensversammlung am Freitag hatten Führer aller Organisationen ein Ende des Blutvergießens gefordert.

ANC-Sprecher Ronnie Mamoepa betonte, daß Friedensversuche als „ein andauernder Prozeß, um Einheit zu schaffen“, betrachtet werden sollten. Die Kämpfe vom Wochenende würden den Friedensprozeß nicht aufhalten.

Unterdessen hat Polizeiminister Adriaan Vlok die landesweiten Razzien und Polizeikontrollen vom Wochenende als einen „großen Erfolg“ begrüßt. Insgesamt wurden 11.361 Menschen verhaftet und wegen Verbrechen von Alkoholmißbrauch bis Mord angeklagt. Die „Operation Thunderbolt“ war aber kaum mehr als eine großangelegte PR-Aktion für die Polizei, die schon lange wegen der wachsenden Kriminalität in Südafrika kritisiert wird. Klagen über zunehmende Autodiebstähle, Hauseinbrüche und Gewaltverbrechen kommen dabei vor allem aus der weißen Bevölkerung. Um diese Kritik zu entschärfen, hat die Polizei in den letzten Monaten wiederholt Großaktionen veranstaltet.

Es gibt in Südafrika vergleichsweise wenig Polizisten — zwei pro tausend Einwohner. In den letzten Jahren ist die Polizei auch eher gegen politische Organisationen als zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt worden. Inzwischen versucht die Regierung, etwa 10.000 zusätzliche Polizisten einzustellen. Als Anreiz wurden die Gehälter der Polizei Mitte letzten Jahres stark erhöht.

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