: Trickfilmstudio „auf keinen Fall pleite“
„Goldener Spatz“ in Gera verliehen/ Trickfilme sind aus dem Filmförderungsgesetz der alten BRD ausgegrenzt/ Renommierte DDR-Tradition braucht einen neuen kulturpolitischen Rahmen/ Filmer fordern in Sachsen ein eigenes Gesetz ■ Aus Dresden Ines Nebelung
Hufgetrappel, Kriegs- und Siegesschreie zahlloser Indianer(stämme) auf der „Spur zum Silbersee“ und nicht zuletzt auch Beifall führten in Gera zum „Goldenen Spatzen“, dem Preis des gesamtdeutschen Trickfilmfestivals. Preisträger sind Regisseur Günter Rätz und das Team der DEFA Dresden GmbH, dem mit über 2.000 Filmen in ihrem 35jährigen Bestehen größten Trickfilmstudio in Deutschland. Eigentlich nichts besonderes, denn es paßt so gut in die Reihe der „Erfolgsbilanz“, aus der herausgegriffen solche begehrten Trophäen wie der „Grand Prix“, Goldmedaillen sowie erste Preise für Kinder- und Jugendfilme zu finden sind.
Nun mag man sagen: In den alten Bundesländern gibt es wenig Kinderprogramme, in denen Zeichen-, Puppen-, Lege- oder Silhouettentrick angewendet werden. Und nichts ist preisgünstiger, wenn das Dresdener Studio das einzige ist, das man benötigt, um solche Animationsfilme zu drehen.
Und genau hier liegt die Besonderheit, die sich heute (dummerweise) auch gleichzeitig als das größte Problem der wirtschaftlich durchaus stabilen GmbH „entpuppt“. Trickfilme sind aus dem Filmförderungsgesetz der alten BRD ausgegrenzt, und dieses gilt durch die Vereinigung natürlich auch für das Dresdner Trickfilmstudio. Eine Gesetzeslücke also. Und das heißt für die derzeit noch 180 festangestellten Mitarbeiter: weniger Auftraggeber für Trickfilme aller Art und somit wenig Geld.
Kinderfilme, wie Märchen oder humanistisch-ästhetisch anspruchsvolle Streifen auch für die Kleinsten, fielen im Kino aus Geldgründen der Werbung zum Opfer. „Wir leben von der Hand in den Mund“, beschrieb Thomas Wedegärtner, Geschäftsführer der GmbH, die Situation, jedoch gleichzeitig betonend: „Wir sind auf keinen Fall pleite! Aber diese Lücke muß geschlossen werden.“
Neben der Filmproduktion für das ZDF, die DFF-Länderkette, die Stiftung Warentest stehen die Filmemacher aus Dresden auf einem zweiten Bein: der Werbung. Der Bedarf an guter und einschlägiger Kino- und Fernsehwerbung, so Thomas Wedegärtner, sei groß. Während in Hamburg 1990 allein über 1.000 Werbespots gemacht wurden, hielt sich die Anzahl der Spots in Dresden bei vier. Hier rechnet das Zeichentrickstudio künftig mit genügend Aufträgen. Bleibt die Frage, ob Kinderherzen künftig bei trickreichen Werbespots bis zum Hals schlagen? „Nun, wir wollen uns zum Hauptpartner der demnächst zu gründenden Dreiländeranstalt Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt machen als Kinderfilmproduzent. Unser Konzept sieht sehr vieles vor — Werbung, Trickfilme, Magazinsendungen, Streifen über sächsische Kostbarkeiten, auch Pausenfüller. Die Relationen richten sich nach den Aufträgen“, erklärt der Geschäftsführer, dessen „Geschäft“ einhundertprozentig der Treuhand gehört.
Doch um die Lücke gänzlich zu schließen, in die der künstlerisch anspruchsvolle Kindertrickfilm fallen könnte, täte im Freistaat eine eigene sächsische Filmförderung not. Aber wie die Mühlen nun mal mahlen... adn
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