: Parfümfolgen
■ Pfefferminzdüfte regen unsere Hirnströme an
Pfefferminz- und Maiglöckchendüfte machen müde Männer und Frauen munter. Womöglich können die Wohlgerüche in Zukunft die Kaffeepause ersetzen. Zu diesem Ergebnis kamen amerikanische Wissenschaftler, als sie die Wirkung von Aromastoffen auf die Leistung verschiedener Versuchspersonen in einem vierzigminütigen Computertest untersuchten. Die Prüflinge mußten Linienmuster auf einem Bildschirm beobachten und beim Erscheinen eines bestimmten, abweichenden Musters einen Knopf drücken. Sie trugen Sauerstoffmasken, durch die ihnen alle fünf Minuten frische Luft bzw. eine Dosis Pfefferminz- oder Maiglöckchenaroma verabreicht wurde. Ergebnis: Wer in den Genuß der schönen Düfte kommt, schneidet besser im Examen ab. Vom Hauch der Maiglöckchen oder der Minze umflorte Versuchspersonen erkannten das abweichende Muster auf dem Bildschirm um zwanzig Prozent öfter als die Frischluftinhalierer. Während des Tests nahmen die Leistungen, sowohl bei den Parfüm-, als auch bei den Frischluft-Prüflingen ab, doch der Leistungsunterschied zwischen den Gruppen blieb konstant.
„Eine Neuigkeit!“ stellte Versuchsleiter Joel Warm fest. Aber er warnt, „wir wollen damit nicht sagen, daß jeder dies nachmachen soll“. Womöglich, meinen die Forscher, verlieren die Düfte nach einer Gewöhnungszeit ihre Wirkung oder haben ungeahnte Nebenwirkungen. Daß die angenehm riechenden Stoffe in physiologische Abläufe eingreifen, bewies Mediziner Raja Parasuraman. Er registierte bei Versuchspersonen, die Pfefferminze inhalierten, eine Zunahme bestimmter Hirnströmungen.
Werden also gähnende Lkw- Fahrer, gestreßte Fluglotsen oder Krankenschwestern auf der Intensivstation zukünftig nicht mehr zum Kaffee sondern zum Sprühfläschchen greifen? Vorsicht ist angesagt, meint Duftforscher Robert Baron.
Er beobachtete die Wirkung von Raumsprays auf das Sozialverhalten verschiedener Versuchspersonen, die Scheinverhandlungen und Einstellungsgespräche in duftender beziehungsweise duftfreier Umgebung führten und stellte fest: Düfte heben die Stimmung, machen kompromißbereit und geben Mut zum Risiko. Das mag zwar mancher Verhandlung zugute kommen, kann jedoch beispielsweise für Fluglotsen oder Lkw-Fahrer katastrophale Folgen haben.
Dennoch wird wahrscheinlich mancher Arbeitgeber seine Angestellten zukünftig mit feinen Düften zu mehr Leistung manipulieren. Schon jetzt versucht man, mit regulierter Klimaanlage, optimaler Beleuchtung und Musikberieselung die „Ausbeute“ zu erhöhen. „Klingt nach Orwell, nicht wahr?“ meint Baron. Doch ist dies alles keine Zukunftsmusik. Angeblich experimentieren die Japaner bereits mit Düften in Großraumbüros und die Engländer versprühen Aromatisches in der Londoner Metro. Silvia Sanides
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