: Nationalistischer Phrasendrescher-betr.: Interview P.Groll/Bassam Abu Sharif: "Warum jubelten die Palästinenser Saddam Hussein zu?", taz vom 1.3.91
Betr.: Interview P. Groll/Bassam Abu Sharif: „Warum jubelten die Palästinenser Saddam Hussein zu?“, taz vom 1.3.91
Das Interview ist eine journalistische Meisterleistung, weil es durch hartnäckiges Befragen einen hohen PLO-Funktionär auf seine bescheidenen Dimensionen reduziert: die eines nationalistischen Phrasendreschers und fanatischen Sprechblasen
absonderers, der selbstverständlich die Titelfrage des Interviews nicht beantwortet, dafür aber schonungslos sich selbst und die unfähige PLO- Führung entlarvt und durch seinen jedem rational denkenden Menschen unerträglichen Wortsalat deutlich macht, warum die Regierung Israels nicht mit der PLO verhandeln will, und das mit Recht.
Abu Sharifs politisch analphabetisches Geblubber gipfelt in der verrückten Aussage, Saddam Hussein habe den Aufbau des Irak gefördert. Hat er auch, wenn man die Verwüstungen des achtjährigen ersten und des sechswöchigen zweiten Golfkrieges, die zwei Millionen Toten des ersten und die ca. 150.000 des zweiten, die 5.000 vergasten Kurden in Chalabdscha, das zerstörte Tel Aviv samt dem plattgewalzten Kuwait und die wahnsinnige Aufrüstung des Irak wie Abu Sharif als Aufbauleistungen versteht, wozu man wohl nur als Obertuer der PLO befähigt ist.
Die Frage Frau Grolls nach dem Stellenwert der Demokratie in einem zukünftigen Palästina war nur konsequent. Meisteraufbauleistungen wie die S.H.s im Irak dürften in einem von Arafat und Sharif geleiteten Palästina nicht ausbleiben, auch keine „Peanuts“ (Villen und Nummernkonten in der Schweiz) für palästinensische Superchefs wie Arafat, Sharif, tapfere Bunkerstrategen und Telefongenerale, Brüder S.H.s.
Das Nahost-Problem besteht keineswegs, wie palästinensische Propaganda uns weismachen will, nur aus der Palästinafrage, sondern aus einem umfangreichen Problembündel, das in verschiedenen Konlfiktregionen, auch in Palästina, politisch besonders aktuelle Folgen hat.
1.) Das Hauptproblem des Nahen Ostens sind Diktaturen und Menschrechtsverletzungen. Außer in Israel gibt es dort keine einzige demokratisch gewählte Regierung. Die widerlichsten Folterdiktaturen sind: Irak, Iran, Syren; auch in Israel kommen laut amnesty international Menschenrechtsverletzungen vor, die Deutsche aus bekannten Gründen wenn überhaupt, dann äußerst vorsichtig kritisieren sollten. Die Mißachtungen der Menschenrechte in Israel erreichen aber bei weitem nicht die Brutalität von Folter, Mord, Terror und Massenexekutionen in den drei moslemischen Terrorstaaten, in denen insgesamt ca. 75 Mio. Menschen leben (in den besetzten Gebieten dagegen nur 1,7 Mio.). Qualitativ und quantitativ überragt das Problem der Diktaturen und Menschenrechtsverletzungen das Palästinaproblem um Längen. Außerdem quälen Moslems und Araber (Türken, Iraner, Iraker) kurdische Glaubensbrüder in Kurdistan; Araber, Syrer, proiranische und proirakische Milizen, Hisbolla und Amal besetzen den Libanon und haben das einst blühende Land in Schutt und Asche gelegt; auch Christen und Israelis haben im Libanon geschossen. Schließlich stehen Soldaten der moslemischen Nation Türkei widerrechtlich im Ostteil Zyperns. All diese regionalen Brandherde zählen nichts gegen das Palästinenserproblem?
In Deutschland jedenfalls schrumpft das Nahost-Problem in der Regel auf die Palästinafrage, und zwar liegt das am links und rechts reichlich vorhandenen Antisemitismus. Die Nazi-Wehrsportgruppe Hoffmann und die RAF-Linksfaschisten wurden in Palästinenserlagern zu Guerillas ausgebildet. Neonazis und Linke waren einhellig gegen die UNO-Mission im letzten Golfkrieg und die Lieferung von Verteidigungswaffen an Israel. Linke Antisemiten wie Ströbele, Wollenberger von den Grünen und der sogenannte Friedensforscher Krippendorf verdrängen, [...] daß bis heute immer noch keine Existenzgarantie für Israel seitens der PLO und der arabischen Staaten vorliegt.
2.) Der arabische Nationalismus, Machismus und Chauvinismus, Gefasel von Ehre, heiliger arabischer Erde — es gibt keine arabische Erde und heilige schon gar nicht, heilig ist das Leben, bis an die Zähne bewaffneter und aufgerüsteter Militarismus tragen zur Unversöhnlichkeit gegenüber Israel bei. Die Teilung der nichtexistierenden arabischen Nation europäischen und amerikanischen Imperialisten in die Schuhe zu schieben, geht an den Fakten vorbei. Hunderte von Jahren haben sich Araber selbst bekämpft, Hunderte von Jahren wurden sie von osmanischen Moslems und nur ganz wenige von Europäern unterdrückt. Außerdem waren Araber selbst Hunderte von Jahren in Afrika als Sklavenhändler und somit als Imperialisten tätig, noch heute unterdrücken Araber im Sudan die christlichen und animistischen Schwarzen, die den Mos-
lemunfug ablehnen.
3.) Fanatische islamische Fundamentalisten kochen auf politischen Konflikten ihr trübes Süppchen. An ungezählten Stellen des langweiligen und brutalen Korans wird Juden, Christen und Ungläubigen Minderwertigkeit gegenüber den Moslems bescheinigt: „... am jüngsten Tag werden die Juden vor Allah mit an den Hals gefesselten Händen treten ...“, „Oh Gläubige, nehmt weder Juden noch Christen zu Freunden ...“ 5.) Koransure, die noch mehr Antisemitismen enthält). Religiöser Fanatismus ist allerdings keine islamische Spezialität, aber die islamischen Fanatiker sind im Nahen Osten eine Macht, ansonsten gilt: Rechtgläubige, Juden, Christen, Muslime, Hindus usw. usf. saugen aus dem „geistigen Fusel“ (Lenin) und dem „Opium“ (Marx, Lenin) ihrer religiösen Wahnideen allemal genug Haß, Intoleranz und Obrigkeitshörigkeit, um Kriege möglich und Demokratie unmöglich zu machen.
4.) Der Nahe Osten ist durch wirtschaftlichen Niedergang und erhebliche Verteilungsungerechtigkeiten gekennzeichnet. Nur eine KSZE- Nahost kann diese Probleme, die in den Krisenregionen Palästina, Libanon, Kurdistan, etwas weiter liegend Zypern kulminieren, in den Griff bekommen, und nur dann, wenn Diktatoren, Nationalisten und religiöse Fanatiker unter energischem politischem und wirtschaftlichem Druck von der politischen Bühne verschwinden. Mit Halunken und Mördern vom Schlage Velayati und Assad darf man bei der Neuregelung der Politik im Nahen Osten nicht reden. Sie verdienen nur den totalen wirtschaftlichen und politischen Boykott.
Den Golfkrieg selbst hätten Pazifisten wie ich lieber vermieden und statt dessen durch ein striktes Embargo versucht, S.H. aus Kuwait und von der Regierungsmacht im Irak zu vertreiben, vielleicht hätte es Erfolg gehabt. Sogar der in der taz diskutierte Gandhi hat sich in den zwei Weltkriegen auf die Seite der verhaßten Kolonialmacht England geschlagen, im Burenkrieg war er auf der Seite Englands als Sanitätssoldat tätig. Für Gandhi galt: Dem Unrecht muß man entgegentreten, am besten gewaltfrei, am zweitbesten gewaltsam; feige und unverantwortlich ist es, ihm nachzugeben. Der Golfkrieg mag wegen des Öls auch geführt worden sein, aber zusätzlich gegen den Massenmörder Saddam Hussein, insofern war der UNO-Krieg gegen ihn kein Verbrechen wie z.B. der Krieg der Amerikaner in Vietnam, sondern eine blutige Notwendigkeit.
Die allgemeine Berichterstattung zum Golfkrieg in der taz kann als pluralistisch und deswegen gut bezeichnet werden, da sie Broder, Götz Aly, Günter Wallraff, aber auch Antisemiten wie Krippendorf, Ströbele und PLO-Vertreter zu Wort kommen ließ. Hartmut Wagner, Schwerte
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