piwik no script img

KOMMENTARServile Eile

■ Der Umweltsenator genehmigt freihändig den HMI-Reaktor

Volker Hassemer gilt als nachdenklicher Kopf in einer Partei, die ansonsten nicht gerade vor Geist sprüht. Man hätte also erwarten dürfen, daß er an eine Angelegenheit, die im vergangenen Jahr die Stadt polarisiert hat, mit Vorsicht und Sensibilität herangeht. Die Ängste, die der aufgemotzte Forschungsreaktor bei Teilen der Bevölkerung auslöst, richten sich nicht nach Parteipräferenzen. Eher schon nach der räumlichen Nähe des Meilers zu den eigenen vier Wänden. Es ist deshalb nicht Hassemers Ja-Wort, das verblüfft — schließlich gehört er der führenden Atompartei im Lande an —, sondern die servile Eile, mit der er dem Druck drängelnder Atomforscher und Bonner Minister nachkommt.

Hassemer gesteht freimütig, daß es seit dem Abtritt seiner Vorgängerin über die ominöse Anlage im schottischen Dounreay keinerlei neue Erkenntnisse gibt. Die Briten weigern sich, Einblick in eine Atomfabrik zu gewähren, von deren Fähigkeit zur »schadlosen Wiederverwertung« der hochradioaktiven Abfälle niemand recht überzeugt ist und die im Verdacht steht, für Leukämiefälle bei Kindern verantwortlich zu sein. Und: Wo der angepeilte Entsorgungsweg einmal endet, ist völlig offen.

Es ist dieselbe Behörde, es sind zum Teil dieselben Beamten, die aufgrund derselben Informationen nach dem Amtswechsel in der Lindenstraße binnen Wochen zu einer gegenteiligen Einschätzung kommen. Das ist der Stoff, aus dem die vielbeklagte Verdrossenheit des Publikums wächst. Schreyers Motive wurden seinerzeit mit Vorliebe als »ideologisch« denunziert. Wie ideologisch motiviert muß eine Entscheidung sein, deren Träger sich nicht mal die Mühe machen, Erkenntnislücken zu füllen? Gerd Rosenkranz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen