: RAF-Prozeß wird neu aufgelegt
Nach erfolgreicher Revision beim BGH verhandelt das Düsseldorfer OLG erneut gegen drei Duisburger Angeklagte ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Vor dem 6. Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichtes (OLG) begann gestern die zweite Runde im Prozeß gegen Norbert Hofmeier, Barbara Perau und Thomas Thoene aus Duisburg. Alle drei Angeklagten waren am 20.1.1989 vom 5. Strafsenat des OLG wegen Mitgliedschaft in der RAF und Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf eine Bundesgrenzschutzkaserne zu langjährigen Haftstrafen zwischen neun und zehn Jahren verurteilt worden. Diesen Richterspruch hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen des Revisionsverfahrens am 29.11.1989 teilweise aufgehoben. In dem neuaufgelegten Verfahren geht es jetzt im wesentlichen um die Bewertung der politischen Erklärungen, mit denen sich die Angeklagten während der ersten Prozeßrunde zu Wort gemeldet hatten. Der 5. Strafsenat wertete seinerzeit die „propagandistischen Erklärungen der Angeklagten in der Hauptverhandlung“ als Beleg für deren — auch über die Verhaftung im Jahr 1986 hinaus — andauernder Mitgliedschaft in der RAF. Alle drei wurden über diesen Weg wegen „mitgliedschaftlicher Beteiligung“ im Sinne des erst nach der Verhaftung neugefaßten Paragraphen 129a STGB verurteilt. Der neue 129a sieht für Mitgliedschaft eine Verdopplung des Strafrahmens auf zehn Jahre vor. Ohne den Verweis auf die fortdauernde Mitgliedschaft hätte das OLG nur nach altem Recht urteilen können. Die Revisionsinstanz jedoch vermißte eine fundierte Auseinandersetzung über die Frage, wie Äußerungen von Angeklagten während der Hauptverhandlung zu werten sind. Die Verurteilung wegen des Anschlages auf die Bundesgrenzschutz-Kaserne am 11.8.86 sowie wegen Mitgliedschaft in der RAF nach alter Fassung des Paragraphen 129a erlangte im Revisionsverfahren — obgleich ebenfalls auf dünnsten Indizien fußend — dagegen Rechtskraft. Für die Angeklagten kann also während des jetzigen Prozesses bestenfalls eine Strafermäßigung herauskommen.
Der Prozeß begann am Montag mit einer Reihe von Anträgen. Zunächst forderte die Verteidigung vom Gericht, den Vertreter der Bundesanwaltschaft, Dr. Kurt, der auch schon dem ersten Prozeß beiwohnte und deshalb als Zeuge in Betracht komme, aus dem Saal zu verweisen. Das Begehren wurde ebenso abgelehnt wie der Antrag von Norbert Hofmeier, den Prozeß um vier Wochen zu verschieben, um so eine „gemeinsame Prozeßvorbereitung“ zu ermöglichen. Durch die „völlige Isolation“ im Knast sei eine „angemessene Verteidigung“ verhindert worden. Hofmeier, der sich und seine Mitangeklagten, „als Teil der revolutionären Widerstandsbewegung“ bezeichnete, sprach von dem Fortbestand der „Isolationsfolter“. Alle anderen Darstellungen seien „Lügen“. Menschenrechte gewähre der Staat nur jenen, die sich auf seine Seite schlügen, wie dem „Denunzianten Lotze“, der sich — wie berichtet — als Kronzeuge zur Verfügung gestellt hatte.
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