piwik no script img

5 Orchester, 8 Chöre, 1 lila Kuh

■ Helmut Hadre, Erfinder der Opera Viva, über Sponsoring, Tafelspitz und die Frage, wie richtiges Kulturmanagement geht

taz: Ihre Opera Viva ist mittlerweile ein Renner von München bis Garlstedt.

Helmut Hadre: Ja, auch international hat sich das durchgesetzt. Ob in New York oder Brüssel: Das Land Bremen zum Beispiel präsentiert sich gern damit. Ist ja auch rein bremisch, die Idee. Essen und Oper. Und im Mai machen wir eine Oper Viva auf'm Kreuzfahrtschiff in der Ostsee. Ganz verrückt.

Was ist das Geheimnis der Opera Viva?

Daß alles paßt! Arien, Essen und Dekoration! Das geht so: wir suchen die Musik aus, dann geben wir das ans Hotel, hier in Bremen ist es immer das Parkhotel. Und der Koch wählt dann das passende Essen dazu. Der Mozart war ja Österreicher, da gibt es also Tafelspitz und bei Rossini unbedingt „Tournedos Rossini“, das muß sein! Dazu die Lieblingsweine der Komponisten. Und in der Dekoration, bis hin zur Tischdecke, natürlich ihre Landesfarben.

In Garlstedt haben Sie's der US- Garnison veranstaltet.

Ja, Garlstedt. Die saßen da in Reih und Glied. Gefiel mir überhaupt nicht. Da sind eben die Sänger zwischen die Tische gegangen. Erst hat's große Augen gegeben, aber nachher war tolle Stimmung. Die war'n richtig dankbar. Der Peter Lürssen von der Lürssen-Werft, der hat das ja spendiert.

Ist Ihre Opera auch sonst beliebt als Firmengeschenk?

Das macht einen Anteil von, naja, achtzig Prozent aus. Ob das Kunden-Incentives sind oder...

Incentives?

Ja, wie soll ich das...Animation. Wir machen den Unternehmen Highlights: des Kongresses, des Meetings. Ein Viertel davon sind firmeninterne Veranstaltungen: Wir machen's bestimmt zwanzigmal im Jahr für Firmen, die damit good will...die das ihren Mitarbeitern schenken. Das läuft ziemlich gut, weil wir inzwischen zahllose Varianten haben, maßgeschneidert, auch Operette und Musical. Oder wir machen einfach Konzerte, wo einer, als Friedrich der Große verkleidet, Querflöte spielt. Sowas.

Sie machen Kulturmarketing. Geht das?

Nun, ich bin schon früher, als ich noch hier am Theater war, immer öfter losgeschickt worden, um bei der Industrie Sponsorengelder einzusammeln, wenn's finanzielle Engpässe gab. Im Grund mach ich jetzt nichts anderes.

Helmut Hadré, Vermarkter von Kultur: „Die lia Kuh, die ist dann von mir!“Foto: Jörg Oberheide

Also für Sachen, die sonst nicht möglich wären. Muß ich Ihnen ehrlich sagen!

Wie beschaffen Sie Geld?

Indem ich viele Unternehmen kenne und weiß, wofür speziell die sich interessieren. Das geht gezielt oder gar nicht.

Es muß ins PR-Konzept der Firma passen.

Ganz klar. Ich kann mit Mercedes nix im Schlachthof machen. Da sagen die: Der tickt ja nicht ganz

hierhin bitte den Mann

zurückgelehnt am Schreibtisch

sauber. Muß ich auch verstehn. Im Juni zum Beispiel machen wir eine Beethoven-Woche, da kommt ein Computerflügel, 400.000 Mark teuer, das können wir nicht allein, da muß uns IBM helfen.

Wie macht man denn am besten Sponsorengelder locker?

Ich würd nicht einfach mit diesem und jenem zu denen rennen, sondern Angebote ausarbeiten, mit denen die sich identifizieren können. Optimal sind da langfristige Konzepte. Denkbar ist auch, damit nicht immer alle zu allen laufen, ein großer Pool, in dem Gelder gesammelt werden.

Das ist Scherfs Idee einer Kulturstiftung, in die, neben dem Senat, auch Unternehmen einzahlen.

Genau.

Da wären letztere doch schön blöd. Springt ja für die Firma nix raus.

Stimmt, die machen lieber einzelne Sachen für sich.

Und wenn man ihnen bessere PR- Möglichkeiten bietet?

Das geht auch nur begrenzt. Eklatantes Beispiel: Letztes Jahr haben wir das große Konzert auf dem Potsdamer Platz in Berlin gemacht, das erste, nachdem das Gelände entmint war. Da hatten wir für die Auferstehungssymphonie fünf Orchester und acht Chöre. Dirigiert hat Lorin Maazel, und der Sponsor, eine Zigarettenfirma, also die haben die ganze Bühne zugepflastert. Hinterher ham die selber gemerkt: Das war zuviel.

Haben Sie, außer Opera und Konzerten, noch was im Sortiment?

Naja, es gibt „Viva la Comedia“, das ist Essen mit Schauspiel. „Abend a la Kishon“ und ähnliche Sachen. Auch mit Lesungen. Und passender Musik. Das spielt aber nicht die Rolle. Obwohl, wenn ich helfen kann, helf ich gern. Wenn da der Fricsay kommt und sagt, Mensch, s' reicht nicht, kannste nicht mal...Und dann hoppelt bei „Was ihr wollt“ eine lila Kuh über die Bühne, die ist von mir.

Interview: Manfred Dworschak

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen