: Waigel zahlt deutschen Kriegsbeitrag
17,6 Milliarden Mark für den Krieg/ Der Finanzminister kritisiert die SPD für Infragestellung der Kosten des Golfkriegs/ Wenig Weiterdenken über zukünftige Kostenteilung bei USA-Besuch ■ Aus Washington Rolf Paasch
Finanzminister Waigel war zum Nachrechnen der Kriegskosten nach Washington gekommen, doch noch scheint hier niemand die genauen Ausgabeposten zu kennen. Aus dem US-Kongreß war zu hören, daß der tatsächliche Preis des bisher auf 42,6 Milliarden Dollar veranschlagten Golfkrieges deutlich niedriger liegen könnte. Die Bush-Administration hatte den Deutschen dagegen bereits signalisiert, daß es in keinem Fall weniger als der im Januar versprochenen 5,5 Mrd. Dollar bedürfe; eher mehr, wenn man die abzusehenden Beiträge für eine verlängerte Präsenz der US-Truppen im Südirak in Rechnung stelle.
Ehe er auf seinem zweitägigen Washington-Trip zunächst US-Finanzminister Brady und am Dienstag dann Außenminister Baker und Präsident Bush zu Gesicht bekam, versuchte Waigel am Montag morgen vor Journalisten, jegliche Zweifel an der Zahlungswilligkeit der Bundesrepublik zu zerstreuen. Deutschland habe im Vergleich zu seinem Bruttosozialprodukt „einen beachtlichen, von den USA und anderen Verbündeten anerkannten Beitrag zur Erhaltung des Friedens geleistet“. Falls noch einer daran gezweifelt hatte: Der Beitrag der bundesdeutschen Steuerzahler für das militärische Abenteuer am Golf ist damit unter Dach und Fach (des amerikanischen Schatzamtes).
Die SPD, so beschwerte sich der Finanzminister über die heimische Opposition, leiste dagegen keinen hilfreichen Beitrag, wenn sie jetzt öffentlich die Rückerstattung deutscher Zahlungen fordere, ohne die wirklichen Kosten zu kennen. „Das erweckt Zweifel an unseren Zusagen und führt nur zu Irritationen“, so Waigel.
Für die Bundesregierung stellt sich dagegen nicht einmal die Frage, ob die über den Atlantik geschickten Deutschmarks nun für den Krieg oder für die Besatzung des Südiraks ausgegeben werden. Es gehe hierbei vielmehr um eine bestimmte Summe, welche die Völkergemeinschaft im ersten Quartal gegenüber den USA erbracht habe, erklärte Waigel.
Bisher sind von den versprochenen „Tributen“ der Alliierten in Höhe von über 50 Mrd. Dollar rund 26,6 Mrd. Dollar auf das Sonderkonto der USA eingegangen. Bis zur vollständigen Erfüllung ihrer jeweiligen Zahlungen, so hatte das US-Repräsentantenhaus am Freitag einen Gesetzentwurf verabschiedet, werden die USA Waffenexporte an die säumigen Zahler aussetzen. Kongreßabgeordnete hatten die Deutschen und Japaner in den letzten Monaten heftig für ihre mangelnde militärische und finanzielle Beteiligung an dem Unternehmen Golfkrieg kritisiert. Die Bundesrepublik, so betonte dagegen Finanzminister Waigel, habe „ihre Zusagen termingerecht eingehalten“. Insgesamt wird der Golfkrieg die bundesdeutschen Steuerzahler 11,5 Milliarden Dollar, das sind 17,6 Milliarden DM, kosten.
Auf die Frage, warum er denn überhaupt nach Washington gekommen sei, wenn doch in der Kriegskostenfrage überhaupt noch nicht über konkrete Zahlen geredet werden könne, führte der Finanzminister die Notwendigkeit an, gerade in den USA den deutschen Beitrag im globalen „burden sharing“ (Kostenaufteilung) erneut deutlich zu machen. Um so verwunderlicher war es dann, daß Waigel sämtliche Fragen nach einer grundsätzlicheren Lösung des Problems der Kostenverteilung bei internationalen Krisen abbügelte.
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