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Ein Park soll zum Hinterhof werden

■ Ein vom Bezirksamt Schöneberg geplanter Gebäudekomplex würde den Nelly-Sachs-Park abriegeln

Schöneberg. »Mit einer solchen Entscheidung verabschiedet sich der Bezirk vom Konzept des ökologischen Stadtumbaus.« So machte eine Vertreterin der Bürgerinitiative Nelly-Sachs-Park ihrem Ärger über die Pläne des Schöneberger Bezirksamtes Luft: Am Ostrand des kleinen Parks soll ein großer Gebäudekomplex die einzig offene Seite zum Gleisdreieck hin abriegeln — der Park würde zu einer Art großem Hinterhof, auf den drei anderen Seiten begrenzt von den Häusern der Bülowstraße, Blumenthalstraße und Kurfürstenstraße. Am 17. April sollen die Bezirksverordneten den Plänen des Bezirksamtes zustimmen.

Dabei waren erst vor 10-15 Jahren an fast derselben Stelle die Häuser der östlich verlaufenden Dennewitzstraße abgerissen worden, um die Grünfläche anzulegen. Die Anwohner ganz Nordschönebergs nutzen die paar Quadratmeter Naherholung intensiv. Selbst an einem trüben Morgen in der Woche bewacht ein Opa sein Enkelkind im Kinderwagen, eine Mutter läßt ihr Kind Sandburgen bauen, eine Türkin sitzt strickend auf der Parkbank, während ein paar Schritte weiter der Alltagsverkehr stinkt und lärmt.

Auf das Gebiet am Dennewitzplatz gehen jeden Tag etwa 3 Tonnen (pro Quadratkilometer) des hochgiftigen Kohlenmonoxids nieder, die Benzol-Konzentration in der Atemluft übersteigt vielfach die Grenzwerte. Die geplante Bebauung am Rand des anderthalb Hektar kleinen Nelly-Sachs-Parks könne ein menschengemachtes Wüstenklima entstehen lassen. Bisher strömte für die stark verschmutzte, wärmere und deshalb aufsteigende Luft im Gebiet über dem Nelly-Sachs-Park von seitwärts kühlere und saubere Luft vom Gleisdreieck aus nach. Die trapezförmige Öffnung von unten 19 und oben 7 Metern Breite im geplanten Neubau würde dem Luftaustausch einen Riegel vorschieben. Die Betroffenen-Initiative, die zunächst eine »Null-Bebauung« gefordert hatte, legte einen Alternativentwurf vor, bei dem — im Gegensatz zu dem vom Bezirksamt favorisierten Entwurf mit 140 Wohnungen — nur 64 Wohnungen entstehen würden.

Ein Jahr vor der Maueröffnung, die die Wohnungsnot in Berlin noch verschärfte, hatte der damalige CDU-Senat für Stadtregionen wie diese ein »Landschaftsschutz-Programm« beschlossen, in dem der »Erhalt klimatisch wirksamer Freiräume« und die »Vermeidung von Bodenversiegelung« vorgesehen waren. Doch selbst wenn die BVV die Riegelbebauung ablehnt, könnte Bausenator Nagel die Pläne dennoch verwirklichen. Immerhin hat er bereits angekündigt, die Gegend mit über 500 Wohnungen zuzubauen, wenn sich der Bezirk dem Begehren vieler Anwohner beugen sollte. Die BI lädt deshalb heute um 19.30 Uhr ins »Ökodorf e.V.« in die Kurfürstenstraße 14, III. Stock. kap

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