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Stasifizierung

■ Zur Idee des Generalbundesanwalt, die Ex-Stasi-Leute als Kronzeugen zu benutzen

Stasifizierung Zur Idee des Generalbundesanwalt, die Ex-Stasi-Leute als Kronzeugen zu benutzen

Der Generalbundesanwalt hat angedeutet, daß er daran denke, die Kronzeugenregelung auch für Stasi-Angehörige wirksam werden zu lassen. Seitdem es Nachweise der Zusammenarbeit des MfS mit der RAF und anderen Vereinen dieser Art gibt, kann man sich lebhaft vorstellen, wie Hitzewellen von Informationsgier durch die beteiligten Behörden jagen. Die Vision der allwissenden Behörde und ihre vexierbildlichen Verschachtelungen müssen den Informationsjäger erst recht scharf machen. Aber man muß den Generalbundesanwalt entschieden davor warnen, diesem Bedürfnis entgegenzukommen. Die Kronzeugenregelung ist rechtspolitisch alles andere als unbedenklich.

Die gesetzlichen Bestimmungen nun in ihrer Abstraktion zu übernehmen und extensiv zu interpretieren, damit auch Stasi-Angehörige als Kronzeugen auftreten können, ist doppelt fragwürdig. Das Kronzeugengesetz ist immerhin an einen bestimmten Verfolgungszweck gebunden. Es gilt für Mittäter einer kriminellen Vereinigung, an deren persönliches Wissen, das ihrer Komplizenschaft entspringt, man herankommen will. Selbst wenn Stasi-Mitarbeitern eine Mittäterschaft bei der RAF nachzuweisen wäre, ist ihr Wissen Teil des Wissens der Behörde.

Faktisch hieße die Anwendung der Kronzeugenregelung, daß die Stasi selbst für die deutsche Strafverfolgung in Dienst genommen wird. Man kann sich vorstellen, wie Ex-Stasi-Angehörige Schlange stehen, um im vereinten Deutschland ihren Beitrag zur Terrorismusbekämpfung zu leisten. Es wäre jedenfalls ein forscher Schritt zur Stasifizierung der Bundesanwaltschaft.

Man kann mit keiner Behörde und auch nicht aus den besten Gründen das Verhältnis zur Stasi lösen, so wie es nach Kriegsende mit den Nazis gehalten wurde, als der amerikanische Geheimdienst Deutsche Heere Ost zusammen mit dem General Reinhard Gehlen übernahm. Aber die Gefahr, daß genau das geschieht, ist offenkundig. Ohnehin hat die deutsche Vereinigung eine umfassende institutionelle Krise ausgelöst, in der alle bundesdeutschen Institutionen die Chance des Machtzuwachses wittern. Die Stasi ist nicht nur ein Repressionsapparat gewesen, sondern Zentralbehörde für Herrschaftswissen von umfassender und vielseitiger Art. Ihre repressive Macht ist zerschlagen; das Herrschaftswissen kursiert auf dem Markt. Gerade deshalb ist politisch zwingend notwendig, daß der Primat der politischen Auseinandersetzung mit der DDR- Vergangenheit an keiner Stelle geschwächt wird. Darum geht es letztlich auch im Streit um die Stasi- Akten. Die Gefahr ist akut, und Alexander von Stahl hat es noch einmal veranschaulicht, daß das passiert, was inzwischen ohnehin schon sehr viele Menschen in der Ex-DDR denken: die wahren Vereinigungsgewinnler sind diejenigen, die schon in der DDR das Sagen hatten. Klaus Hartung

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