: Bush-Traktat zur „Neuen Weltordnung“
Präsident verteidigt seine Irak-Politik/ Appell zu weiteren Reformen an Gorbatschow ■ Aus Washington Rolf Paasch
In einer Rede vor 2.500 Militärstudenten am Kriegskolleg der Maxwell Air Force Base verteidigte US-Präsident George Bush am Samstag die amerikanische Politik der „Nichteinmischung“ in den irakischen Bürgerkrieg. Während die Kurden gerade die Folgen der „neuen Weltordnung“ am eigenen Leibe erfahren, nutzte der Präsident seine Reise zum Angelwettbewerb eines Freundes im Bundesstaat Alabama, um den Studenten und dem US-Publikum seine weltpolitischen Vorstellung genauer zu skizzieren. Drei weitere Reden des derzeit noch ungeheuer populären Chefs im Weißen Haus zur geopolitischen Lage sollen noch im Mai folgen.
Bush reagierte auf die Kritiker seiner Irak-Politik mit dem Satz, er wolle nicht „einen einzigen [US-]Soldaten oder Piloten in den Bürgerkrieg im Irak verwickelt sehen, der seit Jahren andauert“. Statt dessen würden die USA den Flüchtlingen und Hunderttausenden Opfern von „Saddam Husseins Brutalität“ weiterhin Hilfe zukommen lassen. „Ich sehe da Lebensmittel und Schutz und die Möglichkeit unverletzt in ihre Häuser zurückzukehren“, erklärte Bush im Ton des delphischen Orakels.
Der Schwerpunkt seiner Rede war jedoch dem Begriff der „neuen Weltordnung“ sowie dem Verhältnis der Vereinigten Staaten gegenüber der Sowjetunion und Europa gewidmet. Die neue Weltordnung sei keine Blaupause, supranationale Struktur oder Institution, die die Führung der Nationen regele, sondern beschreibe eine „Verantwortlichkeit als Folge unseres Erfolges“. George Bush sprach in diesem Zusammenhang von „neuen Wegen der Zusammenarbeit mit anderen Nationen zur Abwehr von Aggression [...] und zur Sicherung von Stabilität, Prosperität und Frieden“.
In seiner Rede drängte Bush den sowjetischen Präsidenten Gorbatschow zu weiteren wirtschaftlichen und politischen Reformen, die „für unser Fortschreiten zu einem wirklich internationalem Frieden unverzichtbar sind“. Weil „die Befreiung [der Sowjetunion] von 70 Jahren des Kommunismus und tausend Jahren der Autokratie [...] schwierig und schmerzvoll sein wird“, könnten die Möglichkeiten der sich neu entwickelnden Weltordnung jetzt noch nicht ausgeschöpft werden.
Nach einem Telefongespräch mit Gorbatschow und neuen Kompromißvorschlägen über die in Wien steckengebliebenen konventionellen Abrüstungsverhandlungen gab sich der Präsident über einen möglichen Abschluß des Vertrages wieder optimistischer.
Amerika werde seine Verpflichtungen in Europa im Rahmen der Nato auch weiterhin erfüllen, so Bush, weil „ein sicheres Europa für die amerikanischen Interessen und den Frieden in der Welt von essentieller Bedeutung ist“.
Während die europäischen Alliierten für ihr Mitfechten im Golfkrieg ein dickes Lob ausgesprochen bekamen, konnte sich der Architekt der neuen Weltordnung einen Seitenhieb auf das zögerliche Deutschland nicht verkneifen: „In einer Welt, die so miteinander verknüpft ist wie die unsere, kann eine industrialisierte Nation ihre gute Stellung in der globalen Gemeinde nur behalten, wenn sie ihren gerechten Anteil an der Verantwortlichkeit für Frieden und Sicherheit leistet.“ Daran, wer den gerechten Anteil bestimmt, ließ der US-Präsident unterdessen keinen Zweifel. Schließlich beruhe die neue Weltordnung, so Bush, auf amerikanischen Idealen.
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