: Georgier wählen kaum absetzbaren Präsidenten
■ Parlament verabschiedete neue Verfassung
Tiflis (afp) — Nur sechs Tage nach der georgischen Unabhängigkeitserklärung wurde Swijad Gamsachurdija zum neuen Präsidenten gewählt. Zuvor hatten die Abgeordneten gestern in einer außerordentlichen Parlamentssitzung in Tiflis die Verfassung geändert. Der ohne Gegenstimme gewählte Präsident erhält demnach umfassende Vollmachten. Beobachter gehen davon aus, daß möglicherweise schon am 26. Mai, dem Jahrestag der georgischen Unabhängigkeit, der Präsident in einer allgemeinen Wahl bestätigt wird.
Georgien hatte am 9. April einseitig seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärt. Die Parlamentarier verabschiedeten per Handzeichen ein zehnseitiges Papier zur Verfassungsänderung. Darin wird zunächst das Amt des Präsidenten geschaffen. Gamsachurdija war bereits seit vergangenem November Parlamentspräsident Georgiens. In den Sowjetrepubliken ist der Präsident des Obersten Sowjets gleichzeitig Republiksoberhaupt. Bei der Wahl Gamsachurdijas, der als einziger Kandidat angetreten war, gab es keine Neinstimmen, nur einige Enthaltungen in den Reihen der Kommunisten.
Laut neuer Verfassung soll der Präsident vom Volk gewählt werden und dabei die absolute Mehrheit der Stimmen erringen. Er wird mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet: Er kann die Regierung nominieren und hat unter anderem das Recht, den Ausnahmezustand über die Republik zu verhängen. Außerdem ernennt der Präsident den Chef des Obersten Gerichtshofs und die Präfekten, die im Dezember die Vorsitzenden der lokalen Sowjets abgelöst haben. Bereits verabschiedete Gesetze kann er zurückweisen und verlangen, daß sie neu beraten werden. Auch im militärischen Bereich soll der Präsident weitgehende Vollmachten erhalten und über die Einsetzung von Generälen und die Stärke der Armee entscheiden, die Generalmobilmachung und den Krieg erklären können. Zu aller Machtfülle hinzu kommt noch eine umfassende Immunität; nur im Verratsfall kann er mit der Zweidrittelmehrheit des Parlaments abgesetzt werden.
Auch das Parlament in Georgien soll künftig in allgemeiner Wahl bestimmt werden, wobei mehrere Kandidaten konkurrieren müssen.
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