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Bakers Reise-Aktivismus im Nahen Osten

Die angebliche Zustimmung aller Parteien zu einer regionalen Friedenskonferenz täuscht über mangelnde Fortschritte hinweg  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Nur ganze drei Tage hielt es US-Außenminister James Baker im heimischen Washington, da schickte ihn Präsident Bush gleich wieder zur Fortführung der amerikanischen Friedensmission in den Mittleren Osten. Die Bush-Administration hat es eilig. Die US-Nachkriegspolitik für die Region soll noch geschmiedet werden, solange die Gemüter der Koalitionspartner gegen Saddam noch biegsam sind. Nach dem völligen Scheitern der Kriegsziele im Irak und dem peinlichen Ausbleiben eines Demokratisierungsprozesses im befreiten Kuwait, braucht George Bush wenigstens im israelisch-arabischen Konflikt einen symbolischen Fortschritt. „Wenn Mr. Bush nicht bis Ende des Jahres zeigen kann, daß der Krieg die Lage im Mittleren Osten zum Besseren gewendet hat“, so warnte letzte Woche das 'Wall Street Journal‘, „könnte der Glanz seines Sieges gerade in dem Augenblick verblassen, wenn (in den USA) der Wahlkampf beginnt.“

Was die Aussichten auf einen Durchbruch im israelisch-arabischen Verhältnis angeht, scheiden sich selbst innerhalb der Administration die Geister. Die Optimisten verweisen auf die angedeutete grundsätzliche Zustimmung von arabischer und israelischer Seite für eine regionale Friedenskonferenz. Die Pessimisten sehen dagegen im Zustandekommen einer solchen Konferenz allein noch keinen Erfolg. Auch James Baker machte in den letzten Tagen keinen Hehl aus seinen Frustrationen über die oft widersprüchlichen Äußerungen seiner Gesprächspartner in Damaskus oder Jerusalem, wenn diese in seiner Gegenwart immer etwas anderes zu sagen schienen als nach seiner Abreise. Bakers nunmehr dritte Visite im Mittleren Osten binnen weniger Wochen, die ihn diesmal nach Israel, Ägypten, Syrien, Saudi-Arabien und erstmalig auch wieder nach Jordanien führen wird, soll der Erkundung von Konzessionsbereitschaft dienen.

Während den Syrern und Palästinensern eine internationale Konferenz unter der Schirmherrschaft der UNO vorschwebt, schlägt Baker eine von den USA und der UdSSR ausgerichtete Konferenz vor, die nach dem Auftakt gleich in bilaterale Verhandlungen zwischen den Israelis und den verschiedenen arabischen Staaten bzw. Palästinensern folgen soll. Während die arabischen Länder als Ziel der Konferenz die Erfüllung der UNO-Resolutionen 242 und 338 ansehen, welche einen Rückzug Israels aus den 1967 besetzten Gebieten zum Inhalt haben, schließt Premierminister Schamir weiterhin jeden Tausch „Land gegen Frieden“ aus.

Mit seinem ersten Nachkriegs- Abstecher nach Jordanien, hofft der US-Außenminister offenbar König Hussein trotz dessen kontroverser Haltung im Golfkrieg, wieder als Vermittler zu gewinnen. Dennoch ist nur schwer zu erkennen, wo sich das von Baker auch am Dienstag wieder beschworene „Fenster der Möglichkeiten“ für eine friedliche Lösung des arabisch-israelischen Konfliktes öffnen soll, wenn in den grundsätzlichen Fragen keine Annäherung abzusehen ist.

Wieder einmal wird für den Friedensprozeß im Mittleren Osten letzten Endes entscheidend sein, welchen Druck auf Israel die USA auszuüben bereit sind. Dabei braucht die Bush-Administration innenpolitisch nicht unbedingt eine spektakuläre Aussöhnung zwischen den verfeindeten Lagern im Mittleren Osten, sondern nur den eindrucksvollen Beweis, daß sie es dort wieder einmal versucht hat, aber erneut an der Sturheit von Arabern und Israelis gescheitert ist.

Schon einmal hatte sich Baker nach einer Phase hektischer Reisediplomatie vor genau einem Jahr geschickt von den Friedensbemühungen zurückgezogen — und in einer Mischung aus Zorn und Diplomatie in Jerusalem einfach demonstrativ die Telefonnummer des US-Außenministeriums hinterlassen. Solange der Ölpreis nicht gefährdet ist, läßt sich in Washington auch ohne eine Lösung des arabisch-israelischen Konfliktes leben.

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