: Frauen auf den Bau
■ ÖTV kritisiert Frauenarbeitsschutz: unzeitgemäß und diskriminierend
Arbeiterinnen dürfen keine Nacht- und Schichtarbeit leisten. Der gesamte Bausektor ist Frauen generell versperrt. Dafür sorgen die besonderen Arbeitsschutzbestimmungen für Frauen, die am Freitag auf der dritten Arbeitsschutzkonferenz der Bremer ÖTV auf's Korn genommen wurden. Die Leitfrage der Tagung: „Ist Frauenarbeitsschutz noch zeitgemäß?“ wurde von den beiden Referentinnen, Ulrike Peretzki-Leid vom ÖTV Hauptvorstand und der Berliner Sozialsenatorin Ingrid Strahmer ganz klar mit „nein“ beantwortet. Die bestehende Gesetzgebung diskriminiere Frauen, statt ihre Gesundheit zu schützen, diene als Vehikel zur Korrektur von Arbeitsmarktproblemen und zur Zementierung überholter Rollenzuweisung, kritisierte Peretzki-Leid. Was den Arbeiterinnen per Arbeitsschutzbestimmung verboten sei, gehöre zum Arbeitsalltag der überwiegend von Frauen besetzten Pflegeberufe, nämlich Nacht- und Schichtarbeit sowie schwere körperliche Strapazen.
Auch für Angelika Pensky, die gemeinsam mit Artur Lau die Konferenz leitete, trägt der Frauenarbeitsschutz letztlich dazu bei, daß Frauen sich lediglich auf acht typische „Frauenberufe“ konzentrieren, die schlecht bezahlt sind und wenig Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Pensky wies darauf hin, daß derzeit der Anteil der Schichtarbeit in den Betrieben mit dem Einsatz neuer Technologien ansteige. Frauen generell davon auszuschließen, verschlechtere deren Chancen.
Für die Berliner Sozialsenatorin Ingrid Strahmer heißt die Alternative „individueller, für Männer wie für Frauen gleichermaßen geltender Arbeitsschutz“. Beim Umgang zum Beispiel mit giftigen oder gesundheitsschädlichen Arbeitsstoffen solle nicht das Geschlecht,sondern die jeweilige körperliche und gesundheitliche Eignung im Vordergrund stehen. Statt einer einfachen Streichung der besonderen Schutzbestimmungen für Frauen müssen allerdings nach ÖTV- Meinung Arbeitsschutz und Gesundheitsprävention in den Betrieben stärker ausgebaut werden.
Daß Arbeitssschutz auch im öffentlichen Dienst in Bremen vielfach nur auf dem Papier steht, machten die Diskussionsbeiträge der TagungsteilnehmerInnen deutlich. Beklagt wurde vor allem das Fehlen von Schonarbeitsplätzen für Ältere und Behinderte sowie der mangelnde Ersatz für langfristige Erkrankte. asp
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