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Bakers letzte Friedensmission im Nahen Osten?

Wenig Aussichten auf einen Vermittlungserfolg des US-Außenministers bei seiner erneuten Nahost-Reise / Treffen mit dem sowjetischen Amtskollegen Bessmertnych vorgesehen / Von den USA ist kein finanzieller Druck auf Israel zu erwarten  ■ Aus Washington Rolf Paasch

James Baker will es noch einmal versuchen. Zum vierten Mal innerhalb von zwei Monaten ist der US-Außenminister jetzt in den Nahen Osten aufgebrochen, um dort Frieden zwischen Arabern und Israelis zu stiften. Baker wird im Verlauf seiner Reise Gespräche in Ägypten, Syrien, Jordanien und Israel führen. In Kairo wird er voraussichtlich auch mit seinem sowjetischen Amtskollegen Bessmertnych zusammentreffen. Doch selbst der Zweckoptimismus von Präsident Bush, der am Mittwoch noch eine „echte Chance“ für Fortschritte bei der Suche nach Frieden in der Region sah, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Baker in den wichtigen Fragen bisher keine Annäherung der Positionen erreichen konnte.

Syrien besteht weiterhin auf einer länger tagenden Friedenskonferenz, in der UNO und der Europäischen Gemeinschaft eine Rolle spielen sollen. Die Regierung Schamir will hingegen nur einer eintägigen und rein formalen Eröffnungskonferenz zustimmen, der dann gleich direkte, bilaterale Verhandlungen zwischen Israel und den umliegenden arabischen Staaten folgen sollen. Auch in der entscheidenden Frage, wer denn bei den Verhandlungen die Palästinenser vertreten soll, sind beide Seiten trotz der Vermittlungsversuche Bakers von einer Einigung weit entfernt. Für Israel bleiben Vertreter der PLO und Palästinenser aus Ost- Jerusalem als Verhandlungspartner weiterhin unakzeptabel.

Aufgrund der von ihm praktizierten Geheimdiplomatie, so kommentierte jetzt die 'New York Times‘ Bakers bisherige Bemühungen, lasse sich überhaupt nicht bestimmen, ob der US-Außenminister Grund zur Hoffnung habe; ob er nur bluffe, um Druck auf beide Seiten auszuüben oder ob er die Situation einfach falsch einschätze. Sicher ist eigentlich nur, daß Baker mit Bessmertnych über eine gemeinsame Unterstützung der Friedenskonferenz durch USA und UdSSR reden wird; und daß er mit Hilfe des jordanischen Königs Hussein eine auch für Israel akzeptable Palästinenservertretung zusammenstellen will. Bisher hat Baker auf seinen Reisen nichts anderes getan, als den Beteiligten Fragen zu stellen, um deren Minimalbedingungen für eine Friedenskonferenz auszuloten.

Die Regierungen von Israel und den arabischen Staaten haben seither einiges getan, um die politische Atmosphäre für eine Friedenslösung weiter zu verschlechtern. Am letzten Wochenende hatte die Arabische Liga auf ihrem Treffen in Damaskus weitere 110 Firmen, die mit Israel Geschäftsbeziehungen unterhalten, auf ihre Boykottliste gesetzt. Die provokative Siedlungspolitik des israelischen Wohnungsbauministers Scharon in den besetzten Gebieten hat unterdessen zu ungewöhnlich scharfer Kritik des US-Botschafters in Tel Aviv geführt.

Ob der US-Außenminister jedoch jetzt neue Vorschläge zur Überbrückung der Kluft zwischen Arabern und Israelis machen kann, ist zweifelhaft. Im Gegenteil, die Bush-Administration erweckte in der letzten Woche eher den Eindruck, mit ihrer Nahostpolitik endgültig am Ende zu sein. Die für das letzte Wochenende angekündigte Rede George Bushs zur US-Politik im Nahen Osten war schon vor den Herzrhythmusstörungen des Präsidenten abgesagt worden. Und auch von den Vorschlägen zur militärischen Abrüstung in der Region war seit dem Ende des Golfkrieges aus dem Weißen Haus nichts mehr zu vernehmen.

Kritiker hatten der Bush-Administration in den letzten Wochen vorgeworfen, sich zu sehr auf das Procedere einer möglichen Friedenskonferenz zu konzentrieren. Statt dessen müßten die USA Israel, den Palästinensern und den Arabischen Staaten einen umfassenden Friedensplan vorlegen, in dem der Handel von „Land gegen Frieden“ durch vertrauensbildende Maßnahmen und US-Garantien vorgezeichnet sei. „Frieden wird es nur geben“, so der Direktor des Arabisch-Amerikanischen Instituts in Washington, James Zogby, „wenn der Präsident der Vereinigten Staaten seine beträchtliche Macht, sein Prestige und seine regionale Popularität zur Darstellung seiner Prinzipien einsetzt“.

Bislang gibt es allerdings keine Anzeichen dafür, daß die Bush-Administration bereit ist, auf die sture Politik der Schamir-Regierung mit mehr als kritischen Worten zu reagieren. Lediglich im Kongreß meldete sich der republikanische Minderheitsführer im Senat, Bob Dole, erneut zu Wort und deutete die Möglichkeit einer Kürzung der Auslandshilfe an Israel von jährlich 3 Milliarden Dollar an. In Anbetracht des bevorstehenden Wahlkampfes um die Präsidentschaft 1992 wird sich die Bush-Administration jedoch hüten, eine Diskussion über die Finanzhilfe an Israel loszutreten.

Und daß sich George Bush nach seinem Außenminister höchstpersönlich auf eine Friedensmission in den Nahen Osten begeben könnte, ist nicht zu erwarten. Bei allem jetzt zur Schau getragenen Optimismus wäre dem US-Präsidenten das Risiko des politischen Scheiterns einer solchen Initiative viel zu groß. Wenn Baker in der nächsten Woche — wie zu erwarten — ohne konkrete Ergebnisse von seiner Nahostreise zurückkehrt, wird dies vermutlich der amerikanischen Friedensinitiative ein vorläufiges Ende setzen.

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