: Teure Asien-Leidenschaft
■ Haushaltsausschuß prüft Reiseetat von Wirtschaftsförderer Hartmut Schmädeke
Am ersten Juni-Wochenende wollen Bremens Wirtschaftsförderer eine große Sause machen. Dann wird am Hillmann-Platz das „World Trade Center Bremen — Asean Pacific Trade Center“ eingeweiht, ein Projekt, das dem Chef der Wirtschaftsförderungs- Gesellschaft (WfG), Hartmut Schmädeke, besonders am Herzen liegt. Denn Schmädeke steht seit kurzem unter Rechtfertigungsdruck. Im Haushaltsausschuß des Parlamentes gibt es inzwischen nämlich Zweifel, ob die Millionen, die Schmädeke für seine Ostasien-Aktivitäten braucht, tatsächlich gut angelegt sind. Anfang der Woche mußte Schmädeke den Parlamentariern erklären, wann und zu welchem Zweck Bremens Wirtschaftsförderer um den Globus geflogen sind und welchen Erfolg sie bislang bei ihren Bemühungen hatten, Firmen aus Fernost nach Bremen zu locken.
Jetzt wissen die Parlamentarier aus der nichtöffentlichen Beratungsvorlage, daß die WfG in den vergangenen vier Jahren 37 Mal in Asien war. Allein WFG-Chef Schmädeke hat zwischen 1987 und 1990 15 Mal den Flieger gen Japan, Korea oder Malaysia bestiegen. Insgesamt weist die Reisekostenabrechnung einen Betrag von mehr als einer Million Mark aus. Doch teurer als die Fliegerei kommen den Bremer Steuerzahler die Unterhaltung der WfG- Repräsentanzen vor Ort. Für die fünf Büros, zum Beispiel in Tokio, Taipeh und Kuala Lumpur, werden alleine 1991 2,75 Millionen Mark veranschlagt.
Das hatten sich Bremens Wirtschaftsförderer eigentlich entschieden billiger vorgestellt. Ursprüngliches Kalkül war, diese Büros gemeinsam mit der bremischen Wirtschaft zu unterhalten. „Das funktioniert nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten“, gibt WfG-Mann Bernd Linka inzwischen zu. Die Folge: Der gesamte Haushaltsansatz der WfG hat sich in vier Jahren annährend verdoppelt und liegt jetzt bei 8,65 Millionen Mark.
Die Erfolgsbilanz, die Schmädeke den Haushaltsparlamenatriern präsentieren kann, ist dagegen ausgesprochen dünn. Bislang hat sich ein einziger Betrieb aus Fernost, eine Elektronik-Firma aus Singapur, in Bremen niedergelassen.
Bleibt das Asean Pacific Trade Center. Hier werden 65 Unternehmen aus 12 Fernost-Ländern auf 15.000 Quadratmetern Büros unterhalten. Ob diese Akquisition ein dauerhafter Erfolg ist, ist durchaus fraglich. Denn die Firmen wurden mit einem Supersonderangebot nach Bremen gelockt. Sie können für die ersten drei Jahre mietfrei am Hillmannplatz residieren. Das finanzielle Risiko trägt die WfG, beziehungsweise der Wirtschaftssenator. Denn der garantiert dem Investor Hans Grothe für 20 Jahre die Mieteinnahmen. Grothe hatte das Gebäude für 46,7 Millionen Mark erstellt. Dafür bekam er einen 15prozentigen Investitionskostenzuschuß von gut sieben Millionen, 4,2 Millionen aus dem Bremer Haushalt und 2,8 Millionen von der EG.
Mit den garantierten Mieteinnahmen kann sich Grothe auf eine gute Rendite für seine Investition freuen. Allein bis Oktober 1993 wird die WfG laut Vorlage der Wirtschaftsförderungs-Ausschüsse 10,554 Millionen Mark an Grothe überweisen. Das heißt: Die mietfrei residierenden Kleinbüros aus Fernost kosten monatlich garantiert gut 300.000 Mark Steuergelder.
Nicht garantiert dagegen ist, ob die Firmen tatsächlich dauerhaft bleiben. Hinter vorgehaltener Hand wird bereits die Befürchtung geäußert, daß viele Firmen den Standort Bremen nur nutzen, um einen Eindruck vom europäischen Markt zu bekommen und sich dann an deutlich günstigere Wirtschaftsstandorte zu begeben.
Es wäre nicht Schmädekes erster Flop: Auch das japanische Gymnasium, in dem in Oberneuland Kinder aus der japanischen Oberschicht unterrichtet werden, sollte Bremens Image in Japan so aufwerten, daß auch die Väter dieser Kinder für den Wirtschafsstandort Bremen Interesse bekommen. Von einer japanischen Firma, die sich in Bremen angesiedelt hat, ist bei der WfG nichts bekannt. hbk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen