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Jerusalem sieht mit Sorge auf Kairoer Treffen

Baker unternimmt letzten Versuch, gemeinsam mit der UdSSR das nahöstliche Verhandlungskarussell in Bewegung zu setzen  ■ Aus Kairo Karim el-Gawhary

Gedämpfter Optimismus scheint die diplomatische Formel zu sein, die für das am Sonntag beginnende Treffen von US-Außenminister Baker und seinem sowjetischen Kollegen Bessmertnych in Kairo ausgegeben worden ist. Optimismus ist vonnöten, wenn man sich die nach wie vor weit voneinander entfernten Positionen der nahöstlichen Konfliktparteien vergegenwärtigt. Sicherlich war es ein begrenzter diplomatischer Erfolg für Baker, daß er noch während seines Fluges verkünden konnte, mit den Golfstaaten über deren Teilnahme mit Beobachterstatus an einer Nahost-Friedenskonferenz Einigkeit erzielt zu haben.

Doch kaum war diese Meldung über die Agenturen gelaufen, da wurde aus Jerusalem abgewinkt. Die Erklärung der Golfstaaten, so ein Sprecher von Premierminister Schamir, sei „bedeutungslos“ und werde „in keiner Weise zum Friedensprozeß beitragen“. Israels Regierung, so unser Korrespondent Amos Wollin aus Tel Aviv, hätte lieber gesehen, daß die Golfstaaten erklären, ihre finanzielle Hilfe an die PLO einzustellen und den Kriegszustand mit Israel zu beendigen. Gleichzeitig erklärte Schamir erneut, daß Israel keinen Teil Großisraels aufgeben werde. Israels Regierung erwartet mit Sorge die Ergebnisse des Kairoer Außenministertreffens und Bakers für Dienstag geplante Israel-Visite. Sie befürchtet, für ein Scheitern der Bemühungen Bakers verantwortlich gemacht zu werden.

Der sowjetische Außenminister Bessmertnych umging auf seiner Pressekonferenz in Kairo Fragen nach der von Moskau gewünschten Zusammensetzung einer Friedenskonferenz. Zur Frage der palästinensischen Repräsentation auf einer möglichen Friedenskonferenz meinte Bessmertnych, daß die Palästinenser sich selbst über ihre Vertreter für eine Friedenskonferenz einigen müßten. Erwartet wird, daß sich der sowjetische Außenminister in den nächsten Tagen mit dem PLO- Vorsitzenden Arafat treffen wird.

Auch wenn von offizieller ägyptischer Seite von Optimismus die Rede ist — hinter den Kulissen macht sich langsam Enttäuschung über die Unbeweglichkeit Israels breit. Enttäuscht ist man aber vor allem von der Bush-Administration, die sich in den letzten Wochen nicht bereit gezeigt hatte, Druck auf Israel auszuüben. Baker verkündete in einem Interview mit der ägyptischen Zeitung 'Al-Ahram‘ lediglich, daß die „israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten ein Hindernis für den Frieden darstellen“. Für Richard Murphy, den ehemaligen US-Staatssekretär und Nahost-Berater Reagans, ist das Wichtigste, daß die Friedensverhandlungen möglichst bald beginnen. Er forderte letzte Woche während eines Besuchs in Kairo, daß einzelne Bereiche, wie das Problem „Land gegen Frieden“ und die Siedlungen, ausgegliedert und zu einem Gegenstand der Verhandlungen selbst gemacht werden sollten.

Doch die meisten ägyptischen Beobachter sehen in dem amerikanisch- israelischen Lavieren nur den Versuch, Zeit zu gewinnen. Muhammed Haikal, der ehemalige Nasser-Berater, frühere Chefredakteur der Zeitung 'Al-Ahram‘ und einer der bekanntesten politischen Beobachter der Nahost-Szene, hatte vor kurzem im jordanischen Fernsehen die Baker-Rundreisen im Nahen Osten als eine gigantische Public-Relations- Tour bezeichnet. Auch in der ägyptischen Öffentlichkeit ist man der Ansicht, daß sie nur von der politischen Verpflichtung der USA gegenüber ihren arabischen Verbündeten im Golfkrieg getrieben werden.

An dem Public-Relations-Charakter der Nahost-Diplomatie ändert sich für die meisten auch nichts, wenn der sowjetische Außenminister Bessmertnych seinem US-Kollegen hinterherfliegt. Spätestens seit der Stillhaltepolitik der Sowjetunion im Golfkrieg hat Moskau in der arabischen Welt an Gewicht verloren.

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