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Kuwait: Rückkehr ins Ungewisse

Seit dem Wochenende dürfen geflüchtete Kuwaitis wieder in ihr Heimatland  ■ Aus Larnaka Klaus Hillenbrand

Riesenhafte Kofferberge türmen sich in der Eingangshalle des zypriotischen Flughafens Larnaka. Sie reichen vom Check-In-Schalter ganz links quer durch die Halle. Die Menschen können ihr Gepäck kaum schieben geschweige denn tragen.

Doch sie lachen. „Großartig, phantastisch, einfach toll“, beschreibt einer seine Gefühle. Herren im feinsten Maßgeschneiderten sind ebenso aufgeregt wie die Träger der traditionellen weißen Kaftane. Am Check- In-Schalter sind zwei unscheinbare Buchstaben angebracht: KU. Kuwait Airlines fliegt wieder nach Kuwait, und heute zum ersten Mal.

Den rund 400.000 wegen der irakischen Invasion aus ihrer Heimat in alle Welt geflohenen Kuwaitis ist seit dem vergangenen Wochenende die Rückkehr erlaubt. Der Flug ist kostenlos. Kuwaits Regierung hat die Repatriierung ihrer Landsleute so lange hinausgezögert, weil erst die Infrastruktur wie Wasser und Strom und die Lebensmittelversorgung halbwegs funktionieren sollten. Heute, Sonntag mittag, fliegt die erste Maschine von Larnaka nach Kuwait-City.

„Ich bin überglücklich, endlich in mein Land zurückkehren zu können“, strahlt der Geschäftsmann Jamal Al Tikis. Er war zufällig im Ausland, als der Irak in Kuwait einmarschierte. Seine Familie konnte z.T. erst danach nach Zypern fliehen. „Wir haben viel verloren. Unser Haus ist vollkommen geplündert worden. Auch die Lagerhallen sind völlig ausgeräumt.“ Jamal Al Tikis handelte mit Klimaanlagen. Das Geschäft will er jetzt wieder aufnehmen.

„Mein Haus, meine Autos, mein Geschäft — alles ist vernichtet“, berichtet ein anderer Kuwaiti. Seine Familie war nach Bagdad verschleppt worden, ist aber inzwischen wieder glücklich in Kuwait. „Ich bin gleichzeitig glücklich und unglücklich“, meint er. „Glücklich, weil wir in unser Land zurückkehren. Und unglücklich, weil nichts mehr so ist, wie es einmal war. Aber wir werden alles wieder neu aufbauen.“ Während die Männer in der Abflughalle von Larnaka von ihren Zukuntsplänen berichten, stehen ihre Frauen abseits und beschäftigen die Kinder.

Fast alle der repatriierten Kuwaitis wissen inzwischen, was sie erwartet. „Saddam hat alles gestohlen, alles zerstört“, meint Daud al Bedr, und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Aber jetzt ist er weg. Wir haben eine gute Regierung. Wir werden alles wieder aufbauen.“ Yussuf Al Riffariy hat keine Ahnung, was ihn erwartet: „Aber es ist nicht so wichtig, ob mein Haus ausgeraubt worden ist oder nicht. Ich bin sehr glücklich, daß es nach Hause geht.“ Der Finanzberater Al Riffariy hatte mit seiner Familie zufällig auf Zypern Urlaub gemacht, als die Invasion geschah.

Der Optimismus ist an diesem Vormittag nicht zu überbieten. Brennende Ölquellen, der verschmutzte Persische Golf, die schwer mitgenommene Stadt — das sind heute alles keine Themen. „Ein Land braucht seine Einwohner.“ „Ich hoffe, die Demokratie wird wiederkommen. Ich vertraue der Regierung.“ Was sie machen werden, wenn sie wieder zu Hause sind? Stellvertretend für alle Jamal ala-Tiki: Erst mal werde ich Verwandte und Freunde besuchen, sehen, wer noch lebt, und wer gestorben ist. Und dann werde ich mein Geschäft wieder aufbauen.“

Ab Juni neue Erdölproduktion

Kuwait-Stadt (dpa) — Die nationale kuwaitische Erdölgesellschaft Kuwait Petroleum Corporation (KPC) wird ab Juni die Produktion von Rohöl für den Eigenbedarf des Landes wiederaufnehmen. Zunächst sollen 50.000 Barrel am Tag produziert werden, ab Juli dann je 120.000 Barrel.

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