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Der Fahrradsattelklau geht um

■ Die Polizei rät: Separates Fahrradsattelschloß! Wir raten: Flohmarkt!

Stell Dir vor, Du kommst morgens aus der Tür und siehst die blanke Stange... Ein schöner Ledersattel, lange nicht gefettet, aber das sollte am ersten Juni- Wochenende nachgeholt werden. War versprochen. Und nun: weg. Einfach weg. Die Plastik-Tüte, die gegen den Regen darübergestülpt war, liegt im Korb. Die wollte er wohl nicht. Was nun? Kann man auf einer Stange zum Dienst fahren?

Erster Anruf bei der Polizei, Pressestelle. Herr Eilers. Guten Tag. „Fahrradsattelklau? Sagt mir nichts. Ich habe meinen noch.“ Ich merke, daß ich noch lachen kann. Immerhin.

Nimmt die Polizei das Problem ernst? „Wir können das von der Zahl her nicht fassen“, sagt die Pressestelle. Denn die Statistik führt nur „Autoteileklau“, Fahrradteileklau“, Sättel insbesondere werden nicht erfaßt. Aber es sei schon vorgekommen, weiß man im Polizeihaus. Hochwertige Sättel vor allem. Schwingsättel, Lepper, Brooks.

„Was hatten Sie denn für einen?“ Verdammt, wenn ich das wüßte. „Eben“, sagt Herr Eilers. „Stellen Sie sich vor, unsere Kollegen auf dem Flohmarkt finden einen, der einen schwunghaften Handel mit gebrauchten Sätteln macht.“ Meiner war braun, aber das wird wohl nicht reichen. Die Polizei verlangt bei den fliegenden Sattelhändlern immerhin eine Erklärung, woher die guten gebrauchten Stücke kommen. Auf Wiedersehen.

Vier Wege heute, quer durch die Stadt. Was tun? Ein neuer Sattel muß her, aber ein ganz billiger, das schwöre ich. Da liegt einer im Laden, 17,35 Mark, voll Plastik. Nie wieder Plastik-Tüten ist auch ein Vorteil. Ich bin eilig, schlage zu, schraube dran, fest soll er sein, denn der nächste Fahrradsatteldieb soll sich wenigstens einen kleinen roten Fleck an den Handballen bekommen. Krack ... die Schraube liegt in meiner Hand. Das Metall abgerissen. Ich frage den Fahrrad- Händler, wie sowas gehen kann. „Haben Sie zu fest gedreht“, sagt er. „Das ist mir noch nie passiert“, rechtfertige ich mich. Der Sattel muß doch fest geschraubt werden... „Sie hatten wahrscheinlich einen Ledersattel“, schließt der Fahrradhändler. Aber das Leder ist nicht abgerissen, sondern der Metallstift, rechtfertige ich mich. Kein Entrinnen, 4 Mark 25, ein neuer Metallstift.

Wie macht das der Herr Eilers von der Polizeiresestelle, daß er in seinem Dienstzimmer sitzt und dennoch genau weiß, daß sein Sattel dran ist? „Da ist ein Schloß dran.“ Bisher hatte ich nur ein Fahrradpumpenschloß, jetzt kriege ich also auch ein Fahrradsattelschloß.

Und am Wochenende gehe ich zum Flohmarkt...

K.W.

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