: Deutsche Frauen im Exil
■ Ausstellung im Gropius-Bau dokumentiert Schicksal deutscher Emigrantinnen in der NS-Zeit/ Im Rahmen des Walter-Benjamin-Projektes
Kreuzberg. Eine Dokumentation über das französische Internierungslager Gurs ist als letzte von insgesamt vier Ausstellungen des Walter-Benjamin-Projekts seit Donnerstag in Kreuzberg geöffnet. Im Gropius- Bau zeigt das Werkbund-Archiv unter dem Titel Gurs Deutsche Emigrantinnen im französischen Exil nicht nur Fotos, Schriftstücke und Zeichnungen, sondern läßt auch Überlebende in Interviews zu Wort kommen. Elf Frauen, unter ihnen Jüdinnen, die auf abenteuerliche Weise dem »Vorzimmer des Todes« entkamen und heute hochbetagt in Paris, den Vereinigten Staaten und in Israel leben, erzählen ihr Schicksal über Tonband. Gleichzeitig sind ihre Porträts von der Fotografin Birgit Kleber zu sehen.
Diese Erinnerungen aus der Distanz wollen nicht Mitleid wecken. Sie seien für die nachkommenden Generationen bestimmt, um Geschichte besser zu begreifen, erklärten die Ausstellungsmacher anläßlich der Eröffnung. Unterstützung bei den aufwendigen Nachforschungen leistete neben dem Jüdischen Dokumentationszentrum in Paris auch das ehemalige SED-Parteiarchiv in Ost-Berlin.
Das Lager Gurs am Fuß der Pyrenäen war 1939 für Spanienflüchtlinge eingerichtet worden. Unter der Vichy-Regierung wurde die »Wüste in Frankreich«, wie ein Augenzeuge schrieb, zum Auffanglager für viele deutsche Emigrantinnen. Von 1940 an hatten die Nationalsozialisten auch 6.500 Juden aus Baden und der Pfalz nach Gurs deportiert. Zu den etwa 60.000 bis 1944 hier internierten Menschen gehörte auch Walter Benjamins Schwester Dora.
Das Benjamin-Projekt, zum 50. Todestag des Theoretikers der Moderne Ende vergangenen Jahres begonnen, registierte bisher rund 30.000 Besucher. Die Eröffnungs- Exposition Bucklicht Männlein und Engel der Geschichte widmete sich vorwiegend Leben und Werk des Autoren. Die bisher organisierten Einzelaustellungen stellten die Kinderbüchersammlung Benjamins sowie eine Fotobiographie der Frankfurter Schule »Grand Hotel Abgrund« vor. dpa
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