: Regierungssitz:KeinKompromiß
Repräsentanten der Verfassungsorgane suchen weiter nach Kompromiß in der Frage des Regierungssitzes/ Bundestag stimmt am 20. Juni darüber ab ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Beim Streit um den künftigen Regierungssitz halten Regierung und Opposition am 20. Juni als Abstimmungsdatum im Bundestag fest. Bis dahin sollen intensive Gespräche geführt werden, um zu einem Konsens zwischen den Befürwortern von Bonn beziehungsweise Berlin über eine Aufgabenverteilung zu kommen, erklärte Bundestagspräsidentin Süssmuth (CDU) gestern nach dem Treffen der sogenannten Verfassungsorgane. Daran hatten neben Kanzleramtsminister Seiters als Vertreter des Bundeskanzlers, der Bundestagspräsidentin und dem Bundesratspräsidenten Voscherau (SPD) auch die Fraktionsvorsitzenden, ein Vertreter des Bundespräsidenten sowie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Herzog teilgenommen. Frau Süssmuth wollte sich nicht zu möglichen Kompromissen äußern, doch man sei sich einig gewesen, daß einige Varianten „bisher noch gar nicht auf dem Tisch waren“, möglicherweise soll es am Donnerstag ein zweites Gespräch geben. Eine weitere Unterhaltung führte die Bundestagspräsidentin bereits gestern am späten Abend mit den Wortführern aus den Bundestagsfraktionen.
In der gestrigen Runde fand der Vorschlag der SPD, nach den Abstimmungen von Bundestag und Bundesrat die verbindliche Entscheidung dem Volk zu überlassen, wenig Freunde. Die Fraktionen von CDU/ CSU und FDP haben sich bereits am Montag abend nahezu einstimmig gegen eine Volksabstimmung ausgesprochen. Bei der Schwierigkeit, überhaupt zu einem Konsens in der Frage des Regierungssitzes zu kommen, sei ein gleichzeitiger Streit um eine Volksabstimmung nicht sinnvoll, befand der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Dregger. Bei der Union fürchtet man, eine Volksabstimmung könne der Türöffner für plebiszitäre Elemente in der Verfassung sein.
Frau Süssmuth sprach nach dem Treffen von einem „produktiven Konsensgespräch“. Es sei Bewegung in die Diskussion gekommen. Der CSU-Vorsitzende Waigel, dessen Partei am Montag für eine Verschiebung der Abstimmung im Bundestag eingetreten war, äußerte anschließend, eine „sinnvolle Aufgabenverteilung“, bei der mehr als eine symbolische Repräsentanz für Berlin herauskomme, sei möglich. Der Berliner Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU) sprach befriedigt davon, die Debatte werde nun sachlicher und mit dem Bemühen geführt, zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen. Offensichtlich vom Tisch ist der Dregger-Vorschlag, die Bundesregierung in Bonn zu belassen und den Bundestag nach Berlin zu verlagern. Der SPD-Vorsitzende Vogel erinnerte vor der Presse an den Vorschlag, nur die Ministeriumsleitungen nach Berlin zu verlagern und reine Verwaltungsbereiche in Bonn zu belassen.
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