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„Act Up“ beendet Morris-Boykott

Der Tabakkonzern verdoppelt seine Spenden zur Aids-Bekämpfung/ Schwulenbewegung uneins  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Der Boykott der amerikanischen Schwulenbewegung gegen die US- Firmengruppe Philip Morris scheint beendet. Sowohl die Washingtoner Gruppe der Schwulenorganisation „Act Up“, die den Boykott gegen den Tabakkonzern vor 13 Monaten ins Leben gerufen hatte, als auch die New Yorker „Act Up“-Gruppe haben in den letzten Tagen für ein Ende des Boykotts gestimmt. Die New Yorker Schwulengruppe machte ihre Entscheidung jedoch von einem Treffen mit dem Vorsitzenden von Philip Morris abhängig, der mit Präsident Bush über die Probleme und Interessen der Schwulen reden soll.

Philip Morris war in den USA zum Ziel eines schwulen Konsumentenboykott geworden, nachdem der Zigarettenkonzern die Wahlkampagne des republikanischen Senators Jesse Helms im Tabakstaat von North Carolina mit Spendengeldern unterstützt hatte. Der erzkonservative Helms galt jedoch nicht nur als glänzender Lobbyist der Tabakindustrie und Kommunistenhasser, sondern machte auch immer wieder mit antihomosexuellen Äußerungen und Gesetzesentwürfen von sich reden.

Nach längeren Verhandlungen mit Vertretern der radikal-aktionistischen „Act Up“-Organisation erklärte sich Philip Morris jetzt bereit, seine jährlichen Spenden für die Aids-Bekämpfung auf drei Millionen Dollar zu verdoppeln, falls die Schwulenorganisation ihren Boykott beende. Die Spenden an Helms werden allerdings weiterfließen.

Aus diesem Grund war die Beendigung des Boykotts innerhalb der Schwulenbewegung heftig umstritten. So will die „Act Up“-Gruppe in San Francisco die Produkte des Morris-Konzern weiterhin boykottieren. In New York und Washington dagegen scheint das Verhalten gegenüber dem Tabakkonzern einer pragmatischeren Haltung gewichen zu sein. „Unsere Prinzipien können nur bis zu einem gewissen Punkt gehen, wenn es darum geht, Leben zu retten“, so Marc Kuebel von „Act Up“- New York gegenüber der taz zu dem Vorwurf, man habe sich jetzt von Philip Morris seine Prinzipien abkaufen lassen.

Deutsche „Act Up“-Gruppen waren von dem Abbruch des Boykotts Anfang dieser Woche überrascht worden (siehe taz v. 4.6.). Trotz der Kritik an der Entscheidung für ein Ende des Boykotts hatte sich in den USA in den letzten Monaten eine eindeutige Mehrheit für einen Handel mit Philip Morris herausgebildet. Angesichts der Aids-Katastrophe und ihrer mangelhaften gesundheitspolitischen Bekämpfung in den amerikanischen Städten scheint für viele Schwule der alltägliche Kampf im Umgang mit der Krankheit wichtiger geworden als abstrakte Feldzüge um hehre Prinzipien.

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