: FOTOSVONDAVIDCROSBY
AUSSTELLUNGSTIP ■ CENTESIMUS ANNUS oder AM ARSCH DER WELTLICHKEIT
Eigentlich sollten schon längst Wetten darauf angenommen werden, ob Gottes Eigenster Johannes Paul II. noch zu Lebzeiten heilig gesprochen wird — durch sich selbst, versteht sich! Seine Sozial-Enzyklika jedenfalls (vgl. taz vom 2.Mai) ist so'n starkes Stück, daß auch die Galerie Weißer Elefant davon nicht unberührt bleibt. Um aber eine Fotoausstellung »Centesimus annus« zu nennen, muß man wohl zumindest aus New Orleans kommen, in Mailand leben und auch sonst ziemlich gut drauf sein: immer zur rechten Zeit am richtigen Ort. Wie David Crosby (»from Kennedy onward we all lived in Berlin«), der gerade rechtzeitig persönlich in die Mauerstadt kam, um ihr berühmtestes Bauwerk gar nicht erst ignorieren zu müssen und sich auf die Mythen der vergänglichsten Teilung zu konzentrieren: verblichene Werbungen auf der einen Seite und die Monumente einer glücklicheren Zukunft, kurz vorm Geschliffen-werden, auf der anderen. Die Motive sind so plump identisch, daß sie als Dokumente fast nur mit Fälschungen durchgehen können: hier mal überhöht in gekünsteltem Licht (a tribute to the world of real heroes?) und dort mit kleinen Retuschen, die dem Mythos des Konsums den Aufschub bescheren, der ihn ganz in Barthes' Auftrag zum »sprechenden Kadaver« stilisiert. Insgesamt paßt die Ausstellung so schön ins allgemeine Nostalgie-Fortschritts-Gewirre, daß eigentlich ein Porträt unseres geliebten Papstes nicht fehlen dürfte. Noch besser wäre, seiner Enzyklika ein »n« zu streichen und dann mit bestem Segen allabendlich dies heilige Körperteil zu küssen. Aber das traut sich ja doch wieder keiner so öffentlich. [oda, Sezza?] Viereck
BIS29.9.,ALMSTADTSTR.11,1020
Die Galerie Weißer Elefant bleibt trotz Abwicklung des Personals geöffnet. Heute, zum 4. Gründungstag, sind alle Künstler und Freunde der Galerie herzlich eingeladen zur Beratung über die weitere Selbstverwaltung als Aktionsraum. Natürlich wird auch gefeiert! Und das ab 18Uhr. Jubiläumsgeschenke in Form von Naturalien sind sehr willkommen.
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