PORTRAIT: Des Königs zweiter Mann
■ Jordaniens neuer Ministerpräsident ist Palästinenser
Amman (taz) — In Jordanien ist erstmals ein gebürtiger Palästinenser zum Regierungschef ernannt worden. Taher Al-Masri löst Mudar Badran ab, der seit Dezember 1989 Ministerpräsident des Hashemitischen Königreichs war. Badran, zu dessen Amtszeit in Jordanien das Kriegsrecht aufgehoben wurde, hatte am Montag gegenüber König Hussein seinen Rücktritt erklärt. Die Ernennung von Al-Masri, der im Kabinett Badrans das Amt des Außenministers hatte, wurde von den meisten Jordaniern mit Überraschung aufgenommen. Taher Al-Masri ist Palästinenser und die Mehrheit seiner Verwandten lebt noch auf der Westbank. Der 1942 geborene Al- Masri studierte in Texas und war vor seiner Tätigkeit als Außenamtschef Minister für die Angelegenheiten der israelisch besetzten Westbank. Seine Ernennung kam kurz nachdem König Hussein laut über eine gemeinsame palästinensisch-jordanische Delegation bei der geplanten Nahost Friedenskonferenz nachzudenken begann. Al-Masri gilt als entschiedener Befürworter einer Verhandlungslösung des israelisch-arabischen Konflikts.
Die Ernennung eines Palästinensers zum jordanischen Regierungschef ist auch ein Zeichen an die palästinensische Mehrheit im Land. Bis zu 60 Prozent der Jordanier sollen Palästinenser sein.
Der neue Premierminister hat neben der Palästinenserfrage auch mit den innenpolitischen Problemen Jordaniens zu kämpfen. Die Jordanier lebten beinahe 4 Jahrzehnte unter Ausnahmegesetzen. Parteien waren seit 1957 verboten. Nur den Muslimbrüdern war es erlaubt, öffentlich aufzutreten, wenn auch nicht als Partei. Neben der Regierung waren sie die einzige politische Institution im Land und wurden von den Herrschenden oftmals eingesetzt, um gegen linke Kräfte vorzugehen. Zur Regierung Mudar Badrans gehörten fünf Sympathisanten der Muslimbrüder. Einer von ihnen war der Erziehungsminister, der kürzlich die Trennung von Jungen und Mädchen in den Schulen durchsetzte was zu heftigen Auseinandersetzungen in der Bevölkerung und besonders mit den Privatschulen führte. Einige Beobachter meinen, daß durch die neue Regierung der islamische Trend gebremst werden soll. Schwierig, denn die Muslimbrüder belegen fast die Hälfte der jordanischen Parlamentssitze.
Z. Mohammad
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen