: Die Rückkehr des Father Brown
■ Gilbert Keith Chesterton: "Verteidigung des Unsinns, der Demut, des Schundromans und anderer mißachtender Dinge"
DIERÜCKKEHRDESFATHERBROWN
Wenn mich liebe Kollegen mit einem kleinen gemeinen Lächeln in den Mundwinkeln fragen, wie ich nur andauernd diese gräßlichen Kriminalromane lesen könne, dann empfehle ich ihnen Gilbert Keith Chestertons Buch mit dem wunderbaren Titel Verteidigung des Unsinns, der Demut, des Schundromans und anderer mißachteter Dinge. Meistens gehört mein Rat dann auch zu den mißachteten Dingen. Dabei ahnen sie nicht einmal, was ihnen da entgeht.
Über G. K. Chesterton (1874-1936), der ein sehr beleibter Herr war, hat Tucholsky einmal gesagt, daß sein Witz an Dimensionen sogar seinen Bauch übertreffe. Doch war Chesterton bei allem Humor auch ein äußerst streitbarer katholischer Geist und leidenschaftlicher Kämpfer für soziale Gerechtigkeit — mit ausgeprägtem Hang zu irdischen Genüssen, die er als Recht des kleinen Mannes auf „beer and beef“ gegen die christliche Askese-Fraktion verteidigte. Chesterton ging es stets darum, den Menschen vor dem Menschen in Schutz zu nehmen.
Bei uns ist G. K. Chesterton vor allem durch seine Pater-Brown- Kriminalgeschichten bekannt. In den Verfilmungen wurde der clevere Kirchenmann meist bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Besonders Heinz Rühmann in der Rolle des Pater Brown verschaffte so manchem Ministranten in den sechziger Jahren feuchte Träume. Dabei wurde der Priester-Detektiv dem deutschen Publikum von Anfang an falsch als „Pater Brown“ vorgestellt. Das englische „Father“ ist die Anrede an Weltgeistliche, also am ehesten mit „Hochwürden“ zu übersetzen, während im deutschen Sprachgebrauch „Pater“ Titel der Ordensgeistlichen ist. Da aber bei uns die Anrede „Hochwürden“ Gott sei Dank außer Dienst geraten ist, hat Hanswilhelm Haefs in seiner ausgezeichneten Neuübersetzung der Chesterton-Geschichten die englische Formel „Father Brown“ beibehalten.
Sämtliche Detektiv-Stories mit Father Brown erscheinen in einer vollständigen Neuedition in fünf Bänden im Haffmanns Verlag. Band eins, Father Browns Einfalt mit 12 Geschichten ist gerade herausgekommen, Band zwei und drei folgen im Herbst. Und endlich bekommt Father Brown auch einen würdigen Rahmen. Die liebevoll gestalteten Bücher im Bleisatz sind mit Leseband, Büttenvorsatz, herrlichem Einband sowie Einbandzeichung und farbigem Titelbild von Tatjana Hauptmann versehen. Worum es bei Father Brown geht, hat Kurt Tucholsky schon 1920 für Die Weltbühne notiert: „In den Geschichten geht es so her: Ein ganz böser und verwickelter Kriminalfall harrt seiner Lösung. Niemand weiß aus noch ein. Da kommt ganz zufällig, gerufen oder ungerufen, der bescheidene, unauffällige und kleine Vater Brown dazu, ein Priester, ein Sohn der katholischen Kirche, kommt, sieht, schweigt und siegt. Dieser Sherlock Holmes ist katholisch — ich hätte nie geglaubt, daß Sellerie und Spargel nebeneinander möglich wären. Es schmeckt. Es schmeckt sogar sehr gut.“ Und es schmeckt immer noch!
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