: Die »Böhsen Onkelz« spielten rechte Lieder
■ Wegen eines Auftritts der Skinhead-Band »Böhse Onkelz« kam es am Sonntag abend zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in Neukölln
Neukölln. Vor und während des Auftritts der Skinhead-Gruppe »Böhse Onkelz« ist es Sonntag abend und in der Nacht vor dem Veranstaltungsort »Neue Welt« an der Hasenheide zu Protesten und gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. Nach Polizeiangaben griffen rund 100 DemonstrantInnen gegen 20 Uhr Polizeibeamte an, die zum Schutz der etwa 400 rechten Besucher aufgezogen waren. Der Veranstaltungsort »Neue Welt« war weiträumig abgesperrt, so daß es zeitweilig auch zum Erliegen des Verkehrs in der vielbefahrenen Straße kam.
Im weiteren Verlauf kam es zu Steinwürfen der DemonstrantInnen, die die Veranstaltung sprengen wollten. Dabei gingen Scheiben zu Bruch. Ein Polizist soll leichte Verletzungen erlitten haben. 19 Personen, darunter Skins und DemonstrantInnen, seien vorläufig festgenommen worden. Es kam zu Knüppeleinsätzen der Polizei gegen Autonome und junge türkische Kids, Augenzeugen sprachen von »rigorosem Durchgreifen«. Die Band-Anhänger griffen die DemonstrantInnen an, ein Skinhead soll mit einer Machete bewaffnet gewesen sein. Schon auf dem Weg zum Konzert hatten mehrere Dutzend Skins auf dem Platz der Luftbrücke versucht, Passanten aufzumischen. Die Polizei nahm vorübergehend drei Jugendliche fest. In ihrem Auto wurden Reizstoff- Sprays, Schlagwaffen und Gaspistolen gefunden.
Das eigentliche Konzert begann erst nach Mitternacht, da das Kammergericht den Auftritt am Sonntag verboten hatte. Zwischendurch unterhielt der Veranstalter die »Onkelz«-Fans mit einer Party.
Drei Berliner und drei westdeutsche Konzertveranstalter hatten nach Bekanntwerden des Auftritts der »Bösen Onkelz« ihre eigenen Konzerte in der »Neuen Welt« abgesagt und verlegt. Es sind die Agenturen Hammer Promotion, Peter Rieger und Blindfish (Westdeutschland) und Destiny, Downtown und das Loft (Berlin). Stadtzeitungen wie »zitty« hatten es abgelehnt, die Rechts-Band anzukündigen. Axel Schulz vom »Loft« hatte schon vor Wochen dem Geschäftsführer der »Neuen Welt« Ernest Loos vor den Konsequenzen eines Auftritts der »Neonazi-Band« gewarnt. Er bot Loos auch an, ihm dabei behilflich zu sein, das Vertragsverhältnis mit der Gruppe zu lösen. Geschäftsführer Loos war daran jedoch nicht interessiert — firmierte seine Schwester doch als Mieterin der Halle und Veranstalterin des »Onkelz«-Konzerts. Schließlich erwirkte der Chef von Loos und Quasi-Vermieter der Halle Kurt Becker die Verbotsverfügung gegen das Konzert für den 23. Juni. Loos und seine Schwester warteten ganz einfach bis Null Uhr. Loos: »Hätten wir die Tür zugelassen und ganz abgesagt, hätte es erst recht Randale gegeben. Außerdem drohte eine Konventionalstrafe.« Der Geschäftsführer kündigte rechtliche Schritte gegen Becker und einige Agenturen an und dankte den »ruhigen« Fans und der Polizei. Die »Onkelz« wollen nun Axel Schulz vom Loft die Bezeichnung »Neonazi- Band« gerichtlich untersagen lassen. Der Loft-Mann steht zu seinem Boykott: »Ich will einfach nicht, daß sich Neo-Nazis amüsieren.«
Die Rockgruppe »Böhse Onkelz« aus Frankfurt war vor Jahren durch neonazistische Texte bekanntgeworden, von denen sie sich inzwischen angeblich distanziert hat. Axel Schulz: »Für mich ist eine Band solange eine Neonazi-Band, solange sie für Neonazis spielt.« Fricke/kotte
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