MIT PANZER-KÄUFERN AUF DU UND DU: Britannien kauft britisch
■ Etat-Kürzungen nützen Britanniens Waffenschmieden
London (taz) — Die britische Rüstungsindustrie kann aufatmen. Am Wochenende beschloß das Verteidigungsministerium in London, 140 Panzer des einheimischen Typs Challenger2 anzuschaffen. Der Auftrag im Wert von 140 Millionen Pfund (ca. 420 Milionen Mark) sichert für die nächsten sieben Jahre 10.000 Arbeitsplätze — 1.600 in den Fabriken in Leeds und Newcastle und 8.000 weitere Jobs in den Zulieferfirmen.
Paradoxerweise verdankt die Firma Vickers, zu deren Töchtern auch Rolls Royce gehört, den Auftrag vor allem der galoppierenden Rezession und den Kürzungen im Verteidigungshaushalt. Hätte Minister Tom King nämlich freie Hand gehabt, so hätte er nach Angaben seines Ministeriums die britische Panzerflotte komplett gegen den LeopardII von Krauss-Maffei ausgetauscht, der wendiger und einfacher zu bedienen ist und von der Nato favorisiert wird.
Doch weil die britische Armee wegen der Kürzungen des Verteidigungshaushalts nur ein Viertel der Panzerflotte ersetzen kann, fiel die Wahl aus Gründen der Kompatibilität auf den britischen Challenger. Wichtiger noch dürften jedoch wahltaktische Erwägungen gewesen sein: Hätte King den deutschen Leopard gewählt und 10.000 britische Arbeitsplätze riskiert, wären die ohnehin dürftigen Aussichten der Torys bei den nächsten Wahlen weiter geschrumpft.
Gewerkschaftssekretär Jack Dromey forderte Vickers auf, angesichts des drohenden Friedens zu diversifizieren: „Neben Panzern liegt unsere Zukunft in Traktoren. Im letzten halben Jahr sind 40.000 Jobs in der Verteidigungsindustrie gestrichen worden, und bis Mitte der neunziger Jahre wird vermutlich ein weiteres Drittel verschwinden.“ Vormann Jim Prince ist optimistischer: „Natürlich hätten wir gerne einen größeren Auftrag erhalten, aber ohne diese Bestellung wären wir am Ende.“
Der für die Einkaufspolitik des Verteidigungsministeriums verantwortliche Alan Clark sagte, der Golfkrieg habe „die Bedeutung der Panzer im Landkrieg“ unterstrichen. Colin Chandler, Manager der Rüstungsschmiede Vickers, betonte, daß der Golfkrieg völlig neue Käuferschichten erschlossen habe: Saudi-Arabien, Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait — der Irak ist vorerst auf der Warteliste. Ralf Sotscheck
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