PORTRÄT: Die neue ANC-Führung — ein Sammelsurium
Keine durchgreifende Verjüngung der Exekutive/ Prominentester Aufsteiger: Bergarbeiterführer Cyril Ramaphosa ■ Aus Durban Hans Brandt
Jünger, weniger konzessionsbereit, mit engerer Bindung an die Basis — so erscheint die Führung des ANC nach seiner entscheidenden Konferenz in Durban. An der Spitze der Exekutive wurde eine Konfrontation zwischen militanten und gemäßigten Vertretern vermieden. Allerdings zeigten sowohl die Wahl des Generalsekretärs als auch die Wahlen um die 50 weiteren Posten in der Exekutive, daß jüngere, militantere und interne ANC- Führer erheblich stärkere Unterstützung haben, als ihre gemäßigteren Rivalen. Andererseits waren die 2.244 stimmberechtigten Delegierten auch bemüht, ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Fraktionen herzustellen.
Cyril Ramaphosa, bisher Generalsekretär der Bergarbeitergwerkschaft NUM, gewann die Wahl zum Generalsekretär deutlich gegen den gemäßigten Chef des ANC-Nachrichtendienstes Jacob Zuma. Aber Zuma konnte sich als Ramaphosas Stellvertreter behaupten. Ramaphosa (38) und Zuma (49) werden zusammen mit den ehrwürdigen Führern des ANC — Präsident Nelson Mandela (72), sein Vize Walter Sisulu (79), der Vorsitzende Oliver Tambo (71) und Schatzmeister Thomas Nkobi (69) — dem ANC neuen Schwung geben müssen. Die Aufstellung von Sisulu, um einen Flügelkampf zu vermeiden, und der Mangel eines kompetenten jüngeren Gegenkandidaten für Nkobi haben verhindert, daß die Spitze der Exekutive entscheidend verjüngt wurde.
Unter den weiteren 50 Mitgliedern erhielten Chris Hani, Stabschef der ANC-Armee „Unkhonto we Sizwe“ (Speer der Nation) und sein gemässigter Rivale Thabo Mbeki, ANC-Beauftragter für Außenpolitik, als einzige Kandidaten mehr als 90 Prozent der Stimmen. Ihnen folgten Joe Slovo, Generalsekretär der Kommunistischen Partei, und Patrick „Terror“ Lekota, ehemaliger Sprecher des Oppositionsbündnisses „Vereinigte Demokratische Front“ (UDF). Besonders viele Stimmen erhielten zudem Ronnie Kasrils, Kommunist und wohl prominentester ANC-Untergrundagent, und Harry Gwala, ein militanter Stalinist der alten Schule aus jener Region der Provinz Natal, in der Kämpfe mit der Zulupartei Inkatha die meisten Leben gefordert haben.
Es gab auch einige Überraschungen. Winnie Mandela schaffte auf Platz 26 mit 1.057 Stimmen problemlos den Sprung in die Exekutive. Der schwer kritisierte bisherige Generalsekretär Alfred Nzo bleibt ebenfalls, auf Platz 15, in der Führung. Ebenfalls gewählt wurde Rocky Malebane- Metsing, erst seit weinigen Monaten ANC-Mitglied, aber bekannt als gescheiterter Putschist im Homeland Bophuthatswana. Andere Exekutivmitglieder: Albertina Sisulu, Albie Sachs, Getrude Shope, Gill Marcus, Peter Mokaba.
Die Exekutive ist überraschend ausgeglichen. Es gibt etwa gleich viele Vertreter der alten und der jüngeren Generation, der externen und internen Opposition. Die Hälfte der bisherigen Exekutive ist wiedergewählt worden. Abgestoßen wurden jene alten Exekutivmitglieder, die wenig bekannt und kaum aktiv waren. Mitglieder aller Minderheiten sind vertreten: sieben Weiße, acht Inder, vier Mischlinge. Die Zahl der Frauen — neun — liegt allerdings weit unter dem Drittel der Posten, das die Frauen gefordert hatten. Auch Zulus gibt es nur wenige. Neben Zuma fällt vor allem Mcwayizeni Zulu, ein Prinz der Zulu-Königsfamilie, auf.
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