: Angst vor dem Super-Miau
Eine kleine Katze hält Japans Atommanager in Atem ■ Aus Tokio Georg Blume
Kann eine Katze den GAU auslösen? Darüber grübeln Nippons Atommanager, seit eines der Pelztierchen in dem modernsten Atomkraftwerk der Welt, dem japanischen Schnellbrüter Monju, herumstreunt.
Die Katze wurde von Besuchern des erst im Mai dieses Jahres in Betrieb genommenen Superreaktors entdeckt. Die Kraftwerksleitung vermutete alsbald, das womöglich für die Sicherheit Japans gefährliche Tier habe sich unter dem Lagertank für nukleare Brennstäbe versteckt. Mit eigener Hand legte der Kraftwerksdirektor Trockenfische aus, um die Katze aus ihrem Versteck zu locken. Als alles nichts half, gingen hundert Angestellte, vom Pförtner bis zum Atomingenieur, auf die Pirsch. Doch auch dieses Werk blieb von Erfolglosigkeit gekrönt. Schließlich befahl der Kraftwerkschef, ein japanisches Pflanzenkraut zu streuen, dessen Duft Katzen besonders lieben. Es nutzte nichts.
Bis heute wartet die gesamte Schnellbrütermannschaft auf das Erscheinen des scheuen Tieres. Diese peinliche Panne mußte man jetzt auch noch vor der Öffentlichkeit ausbreiten. Die nämlich zeigt sich besorgt.
Eine Katze könnte die unter dem Lagertank freiliegenden Elektrokabel beschädigen. Und wenn sich eine Katze in den teuersten Reaktor Japans einschleichen kann — wer dann noch alles? Hunde, Mäuse, Kaninchen...
Auf diese Fragen fehlt den Atomherren die Antwort. Sie kündigten an, daß sie den Betrieb des Schnellbrüters fortsetzen werden, da es für die Katzengeschichte keine plausiblen Erklärungen gebe. Das wiederum klingt wenig plausibel. Vermutlich ist ihnen nicht aufgefallen, daß sich ihr Plutoniumreaktor bei einem kleinen Fischerdorf befindet. Da wohnen nicht nur Menschen, sondern auch mindestens doppelt so viele Katzen. Zu ihnen mag der kleine Gast im Schnellbrüter vielleicht schon unerkannt zurückgekehrt sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen