KOMMENTARE: Interessengemeinschaft
■ Die USA beenden ihre Sanktionspolitik gegen Südafrika
Es war eine Jubelwoche für das weiße Südafrika. Innerhalb von zwei Tagen hebt Präsident Bush die US-Sanktionen auf und — für die weiße Bevölkerung fast noch wichtiger — Südafrika wird wieder Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee und im Internationalen Cricket-Rat. Die Reformpolitik macht sich bezahlt.
Auch für De Klerk. Konservative Weiße, die bisher Zweifel an den Reformen hegten, werden jetzt umdenken. Wenn eine südafrikanische Cricketmannschaft wieder gegen Indien spielen darf, dann muß De Klerk doch etwas richtig gemacht haben.
Der Präsident weiß die amerikanische Unterstützung zu schätzen. Schon bei seinem Besuch in Washington hatte er betont, daß seine Regierung für dieselben moralischen Werte wie die Bush-Administration steht: Demokratie, Gerechtigkeit, freie Marktwirtschaft. Tatsächlich wächst da zwischen der Regierung De Klerk und fast allen westlichen Regierungen eine Interessengemeinschaft heran. Die Aufhebung der Sanktionen soll die Wirtschaft des Landes aus der Rezession zerren, um damit De Klerks gemäßigte Politik zu unterstützen.
Denn der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) ist den Regierungen in Washington, London, Bonn und Tokio nicht ganz geheuer, auch wenn er seine Wirtschaftspolitik im letzten Jahr zugunsten der Marktwirtschaft modifiziert hat und die Verstaatlichungspläne vorläufig in der untersten Schublade verschwunden sind.
Der Dreistufenplan des ANC, der die Aufhebung von Sanktionen mit der Herausbildung einer neuen Machtordnung in Südafrika verkoppelt, mag moralisch überzeugender sein; aber die legalistische Argumentation ist opportuner: Die Apartheidgesetze sind abgeschafft, Gespräche zwischen ANC und Regierung haben begonnen, also ist der Sinn der Sanktionen erfüllt. Dabei setzte Bush sich über die Frage der politischen Gefangenen hinweg. Die südafrikanische Menschenrechtskommission spricht von etwa 800 politischen Häftlingen — Bush beschloß, daß es keine mehr gibt.
Dabei spielen durchaus auch Fragen des internationalen Wettbewerbs eine Rolle. Südafrika wird in Zukunft noch mehr als bisher der Wirtschaftsriese in Afrika sein. Konzerne, die den afrikanischen Markt erschließen wollen, möchten hier sobald wie möglich Fuß fassen. Und wenn US-amerikanische Firmen jetzt wieder nach Südafrika kommen können, werden die Europäer protestieren, daß anhaltende Sanktionen ihre Wettbewerbsfähigkeit einschränken.
Zweitrangig ist dabei, daß das tägliche Leben der schwarzen Mehrheit sich nicht verbessert hat; daß Schwarze noch immer kein Wahlrecht haben; daß in Südafrika nach wie vor ein weißes Minderheitsregime an der Macht bleibt. Hans Brandt
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