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Gegengipfel zu G7 eröffnet

Am Rande des Londoner Treffens der sieben reichsten Industriestaaten verlangt der „Toes“ die Streichung aller Schulden für die Dritte Welt  ■ Aus London Donata Riedel

London hofiert die Teilnehmer des Weltwirtschaftsgipfels. Am Wochenende vor Ankunft der Regierungschefs, Außen- und Finanz- und Wirtschaftsminister der sieben größten Industrieländer (G7) — USA, Japan, Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien und Italien — werden die 3.000 erwarteten Medienvertreter an jeder Ecke begrüßt. „Welcome to the economic summit“ — Plakate und Fahnen erinnern die JournalistInnen in jeder U-Bahn-Station an die Bedeutung des Gipfels.

Leicht zu übersehen war hingegen am Samstag nachmittag die Auftaktdemonstration der Gipfelgegner am Trafalgar Square. „Streicht alle Schulden der Dritten Welt“, forderten knapp 500 Menschen von verschiedenen links-grünen Gruppen aus mehreren Ländern vor surrenden Kameras — nur gehören die nicht der Weltpresse, sondern zumeist Familienvätern und -müttern, die ihre Kinder beim Taubenfüttern aufs Zelluloid bannten.

Zum achten Mal veranstalten zahlreiche Dritte-Welt- und Umwelt-Initiativen rund um den offiziellen Gipfel „The Other Econmic Summit“ (Toes), den Gipfel zu den „wahren Problemen der Welt“, so das Programm, als da sind: Verschuldungs- und Umweltkrise. Um nicht wieder, wie während des Gipfels vor einem Jahr im texanischen Houston, von den Medien ignoriert zu werden, finden die Seminare und Diskussionen in der Central Hall, einer Kirche der Methodisten, statt — direkt neben dem Kongreßzentrum, in dem die Presse stationiert worden ist. Das Programm des Gegengipfels liest sich wie eine Wiederholung der Veranstaltungen von Houston: Die Forderug nach einem fairen Welthandel taucht ebenso auf wie die nach bedingungsloser Streichung aller Schulden der Dritten Welt sowie dem Umbau der Weltwirtschaft weg von monetären Kriterien hin zu solchen, die den Menschen in den Mittelpunkt rücken. Als erstes wären dann nicht mehr die an Geld reichsten sieben Staaten die Größten, sondern die Länder, in denen die meisten Menschen leben: China, Indien, UdSSR, Indonesien, Brasilien, USA und Japan.

Nach dem Golfkrieg konzentrieren sich die Toes-Veranstalter aus dem Ökologiebereich auf das Umweltdesaster in Kuwait und Irak. So fordert die Delegation des deutschen BUND, sofort einen internationalen Umweltnotstand für den Persischen Golf auszurufen. Brennende Ölquellen, 600 Kilometer ölverseuchte Küstenlinie, ausgelaufenes Öl an Land und im Wasser würden das Grundwasser verseuchen und die Landwirtschaft völlig zunichte machen. Die G7-Staaten, in ihrer Mehrheit Kriegsteilnehmer, müßten sich, so der BUND, in London zu Sofortmaßnahmen verpflichten. Doch deren Thema ist Osteuropa und speziell die Frage nach Finanzhilfe für die Sowjetunion — auch wenn die Verschuldung angesprochen und verabredet werden wird, daß man sich an der UN-Umweltkonferenz im nächsten Jahr beteiligen wird.

Das Thema „Geld für Gorbatschow“ beherrscht auch die Flurgespräche der JournalistInnen im Pressezentrum. Die Toes-Veranstalter warnen zwar davor, daß die osteuropäischen Länder möglicherweise in eine ähnliche Schuldenkrise geraten könnten, wie die Länder der Dritten Welt. Diskussionen zu diesem Thema haben sie jedoch nicht geplant. So wird wohl die räumliche Nähe des anderen Gipfels durch die Distanz zur Medienaktualität wieder aufgehoben werden. Die Regierungsdelegationen tagen ohnehin streng abgeschirmt anderthalb Kilometer weiter. Den Gegengipfel werden sie nicht einmal bemerken.

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