Die Bürgerschaft, ein Kabelsalat

■ Wahlvorbereitung: 700 Gäste, 80 Computer, 700 MedienvertreterInnen

Nicht nur die PolitikerInnen sind gestreßt und nervös und voll im Wahlfieber: Auch den MedienvertreterInnen steht der Schweiß auf der Stirn. Besonders denen, die zur Zeit in der Bremer Bürgerschaft werkeln. Dort nämlich bereiten sich seit Montag Fernsehen und Rundfunk auf die Wahlberichterstattung vor. Live will man über Trends, Tips und Stimmungen am Wahlabend berichten. Computer, Kameras, Fernseher, Kabel und die nötige Dekoration füllen inzwischen das gesamte Parlaments-Gebäude aus. ARD und ZDF sind mit riesigen Ü-Wagen angerauscht und haben im zweiten Stock ihre eigenen Studios eingerichtet. Durch eine wackelige Trennwand sind die beiden konkurrierenden Unternehmen voneinander getrennt. Auch die Privaten — RTL und SAT 1 — sind mit von der Partie. Mit der Planung des Medienereignisses hat man schon im Juli begonnen. Richtig hektisch wurde es allerdings erst in dieser Woche. Seit Tagen schwirren TechnikerInnen und JournalistInnen durch die Bürgerschaft und sorgen dafür, daß am Sonntag nach Möglichkeit alles reibungslos klappt.

Nun, da die letzten Stunden eingeläutet werden, macht man sich an die Feinabstimmung. Sind alle Kabel verlegt und unter dem Teppich versteckt, funktionieren die Computer, hängte die ARD- Eins auch gerade? Wichtige Männer in Anzügen geben letzte Anweisung und sind zufrieden.

„Trotz des immensen Aufwandes läuft alles wunderbar problemlos“, erklärt Reinhard Schlinkert vom Institut für angewandte Sozialwissenschaften (INFAS). Das Institut liefert für die ARD die Hochrechnungen. Mit 80 Computern ist man angereist, um möglichst schnell genaue Ergebnisse zu liefern. Am Sonntag um 18.00 Uhr soll die erste Prognose ausgestrahlt werden. Sie ergibt sich aus einer BürgerInnen-Umfrage am Wahltag. Ab 18.30 Uhr folgen dann erste Trendmeldungen und Hochrechnungen. Radio Bremen ist zusammen mit der ARD mit neun Kameras und 80 MitarbeiterInnen dabei. „Da muß man schon ganz schön planen, um die gesamte Technik im Wert von 800.000 Mark unter einen Hut zu bekommen“, stöhnt der Produktionleiter von Radio Bremen, Helmut Helfst. Neben der Wahlberichterstattung ist auch eine ARD-Sportecke mit Jörg Wontorra geplant — live aus der Bürgerschaft. Doch Helfst hat alles unter Kontrolle. Es soll zwar kleine Reiberein zwischen den beiden großen Fernsehanstalten gegeben haben, aber damit hat man gerechnet. Der Kampf um Einschaltquoten schafft Feinde. Reinhard Uhde, Leiter der Abteilung Presse und Öffentlichkeitsarbeit und Koordinator des gesamten Aufbaus, rechnet für Sonntag mit 700 MedienvertreterInnen („da ist auch der letzte Kabelträger mit dabei“) und 700 Gästen aus Politik und Öffentlichkeit: „Ab 17.00 Uhr ist Einlaß. Hoffentlich bleiben die meisten nicht so lange, sonst wird es hier in der Bürgerschaft viel zu voll.“ Bettina Platz