Mit Atomkraft gegen Kohlendioxid

Berlin (taz) — Alte Rezepte, neu zubereitet: Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Kraftwerksbetreiber (VGB), Klaus Knizia, hat auf einer Tagung des Verbandes die vom Umweltminister geplante Kohlendioxid-Abgabe als „Zumutung“ bezeichnet. Die Abgabe soll die Betreiber von Kohlekraftwerken dazu verpflichten, den Ausstoß des für die Erdatmosphäre schädlichen Gases bis zum Jahr 2000 um 25 Prozent zu verringern. Knizia sieht darin „planwirtschaftliche Elemente in der Politik“. Die Kommunen wollten auf Kosten der privaten Betreiber ihre Finanzen sanieren. Nach wie vor vertritt der VGB-Vorsitzende die Ansicht, eine Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes sei nur durch einen weiteren Ausbau der Atomkraft machbar. Doch dies werde von Politikern, „neuerdings auch aus Kreisen der Regierung“, boykottiert. Knizia warf den Gegnern der Atomkraft „totale Irrationalität“ vor. Sie nähmen eine „Energie- und Zukunftsangst der Bevölkerung“ bewußt in Kauf. Der Bonner Adresse schleuderte er wütend entgegen: „Blinden Aktionismus, wie er dort praktiziert wird, lehnen wir ab.“

Zu Beginn der Tagung hatte der EG—Kommissar Cardoso e Cunha den deutschen Kraftwerksbetreibern mangelnde Transparenz bei der Gestaltung der Energiepreise vorgeworfen und mehr Wettbewerb der Unternehmen gefordert, was Knizia zu der Äußerung veranlaßte, mit der EG sei neben dem Umweltministerium nun noch eine zweite Kraft entstanden, „die uns die Arbeit erschwert“.

Die Diskussion um die Atomkraft war in den vergangenen Tagen wieder aufgeflammt, nachdem der Vorstandvorsitzende der Preussen Elektra, Hermann Krämer, gefordert hatte, auf dem Gelände des Atomkraftwerks bei Greifswald oder in der schwedischen Deponie Forsmark ein Zwischenlager für Atommüll einzurichten; Knizia hatte daraufhin seine Zuversicht darüber bekundet, daß das Endlager Gorleben einmal freigegeben werde, während auch Veag-Chef August-Wilhelm Eitz „die preiswerte Variante“ Greifswald favorisierte. Alle drei waren sich jedoch einig darin, daß spätestens ab 1996 eine neue Atommülldeponie benötigt werde und wollen in diese Richtung auf die Bundesregierung einwirken. Lisa Steger