KOMMENTAR: Die Einheit ist männlich
■ Am Tag der Einheit gibt es für Frauen nichts zu feiern
Der Tag der Einheit ein Tag der Frauendiskriminierung? Das dubiose Berufungsverfahren an der Humboldt-Universität stellt zur rechten Zeit einen Zusammenhang zwischen diesen scheinbar so unterschiedlichen Bereichen her. Was dort geschieht, ist nur ein Ausschnitt aus jener westlichen Landnahme, die als Verwirklichung der Einheit verkauft wird. Und: Es ist vor allem eine männliche Landnahme. Die Zeche zahlen die Menschen in Ostdeutschland im allgemeinen und die Frauen im speziellen.
Frauen werden im Wissenschaftsbetrieb rücksichtslos zurückgedrängt und ausgebootet; mit möglichen politischen Belastungen hat dies überhaupt nichts zu tun. An der Humboldt-Uni braucht man nicht einmal die Professoren-Berufungen heranzuziehen; im gesamten dortigen Wissenschaftsbetrieb ist der Frauenanteil innerhalb eines Jahres bereits um die Hälfte gesunken. Auch bei den Studierenden ist es wohl nur noch eine Zeitfrage, wann bei technischen Disziplinen von einem einstmals nahezu ausgeglichenen Geschlechterverhältnis der West-Standard von wenigen Prozent Frauen erreicht sein wird.
Es könnte falsch verstanden werden, mit vergangenen Verhältnissen zu argumentieren. Die gegenwärtigen Entwicklungen zu kritisieren spricht nicht gegen die Einheit, wohl aber gegen deren Vollzug. »Young man, go east«, das ist gegenwärtig die Parole, mit Frau Breuel als unfreiwilliger Kühlerfigur eines männlichen Karrierestrebens, bei dem die Quote nur als überflüssige Beengung empfunden wird. In Ostdeutschland werden jetzt die Karten im Geschlechterkampf neu gemischt und längst Erreichtes wieder zur Disposition gestellt. Wenn der Himmel über Berlin bislang geteilt war, so war es doch immerhin die Hälfte, die den Frauen zukam. Künftig wird es weniger werden, weil die Einheit männlich ist. Auf Ostdeutschland allein wird sich das nicht beschränken. Gerd Nowakowski
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