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Kein Zahn durfte locker sein

■ „Von Istambul nach Gröpelingen“: Fotoausstellung im Kulturladen in Gröpelingen

Hierhin die

Moschee-Szene

Freitagsgebet in der Moschee

Ein Mann mit einer Zahl auf der Brust. Die Zahl drei sollte die Tauglichkeitsstufe angeben. Wie ein Brandzeichen wirkt die Markierung, die Anwerbepraxis wie ein Sklavenmarkt. John Berger hat dieses Foto 1961 in den Anwerbebüros in Istambul aufgenommen. „Kein Zahn durfte locker sein“, sagt eine Immigrantin dreißig Jahre später, die mit elf Jahren nach Deutschland kam.

Das Zitat steht neben dem Foto: Der Kulturladen Gröpelin

gen hat die Ausstellung „Von Istambul nach Gröpelingen“ eingerichtet. Sie zeigt den Weg von den ersten Anwerbungen bis zur heutigen Situation in Gröpelingen, wo Menschen aus über dreißig verschiedenen Nationen zu Hause sind.

Von Zeiten internationaler Solidarität zeugen noch Fotos der Demonstrationen Anfang der 80er Jahre gegen die Schließung der AG-Weser: Türken und Deutsche marschierten zusammen.

Die türkischen

Frauen

Koranlektüre in der MoscheeFotos: Elke Grunwald

Die Zeiten änderten sich, wie die Beobachtung eines türkischen Mitbürgers auf der nächsten Tafel belegt: „Früher war das Verhältnis zu den deutschen Kollegen sehr gut. Auch die heutigen Kollegen waren damals sehr freundlich. Aber es ist nicht mehr so. Warum weiß ich nicht.“ Mitgearbeitet an der Ausstellung haben Studentinnen der Religion und Sozialpädagogik, eine Frauengruppe des Zentrums für Migration und interkulturelle Studien, Mitglieder der Mevlana und der Fatih-Moschee und Mitarbeiter des Kulturladens.

In der Lindenhofstraße fotografierten die Bremer Elke Grunwald und Andreas Jungk. Hier sind neben vielen kleinen mittelständischen türkischen Familienbetrieben auch der Sportverein Vatansport (=“Vaterland- Sport“) und zwei Moscheen beheimatet. „Hier finden wir uns endlich mal wieder“, sagt eine türkische Besucherin zu den ausgestellten Bildern und Texten.

„Durch die Arbeit an der Ausstellung haben wir ein gutes Verhältnis mit den moslemischen Gemeinden entwickeln können“, meint Kulturladen-Mitarbeiter Andreas Heinrichs. Ihm lag darüberhinaus daran, Rassismus in den Medien anzuprangern; er stellte Beispiele aus Zeitungen

der letzten Zeit zusammen, die im Alltag oft gar nicht ins Bewußtsein dringen. Auf einer Tafel zusammengeklebt, wirken sie erschreckend — alltäglich. Juan

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