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MEIN PAPA IST EIN MAINZELMANN Von Sabine Rückert

Eltern haben's wahrlich nicht leicht. Kein Wunder, daß das junge deutsche Paar immer lustloser zur endgültigen Fortpflanzung schreitet und es mehr und mehr beim Scheinvollzug bewenden läßt. Übersteigen doch die Anforderungen, die eine moderne Erziehung mehrfach belasteten Karrieristen abverlangt, in zunehmendem Maße die schwächlichen Kräfte der Erziehungsberechtigten. Wie soll man sich auch gegen die kleinen halslosen Ungeheuer zur Wehr setzen, wo man doch nur zu zweit ist — im günstigsten Fall.

Nehmen wir nur das Fernsehen: Während in schwarz-weißer Vorzeit, als das Glotzophon noch wie ein Fremdkörper in bundesdeutschen Wohnzimmern stak, rüde Erziehungsmethoden praktiziert wurden, die darin bestanden, daß gnadenlose Mütter die Flimmerkiste abdrehten, wenn Die kleinen Strolche Anarchie lebten, sehen sich neuzeitliche Erzeuger immer weniger in der Lage dem Gebrüll TV-versessener Abkömmlinge Herr zu werden. Das jedenfalls geht aus einer Untersuchung hervor, mit der der Leser hier nicht länger gepeinigt werden soll.

Damit der journalistischen Sorgfaltspflicht Genüge getan ist, will jedoch auch die Gegenseite beleuchtet sein. Denn das bundesdeutsche Kleinkind hat's ebenfalls nicht einfach. Wie schnell findet es sich im gesellschaftlichen Aus, wenn es im Kindergarten oder Grundschulhof in den Diskussionsrunden über die letzte Russ-Meyer-Produktion nicht mitreden kann, seinen Standpunkt zum gestrigen Kettensägengemetzel auf Kanal 4 nicht zum besten geben kann und wegen der Uneinsichtigkeit obstinater Eltern Tutti-Frutti schon wieder verpaßt hat. Wahrlich eine Scheißsituation! Wie gut, daß sich hin und wieder ein Chefredakteur solch gearteter Generationenkonflikte annimmt.

Im vorliegenden Falle ist es Otto Schuster, der lange Jahre Erfahrungen mit der Zeitschrift 'Eltern‘ sammeln durfte. Der stellt nun die Nützlichkeit von Chefredakteuren unter Beweis und rät, das, wozu die Eltern nicht imstande seien, der Autorität der Mainzelmännchen anheim zu stellen: Die Strichmännchen sollten nach ihrem allabendlichen Auftritt zwischen Seifenreklame und Deowerbung so gegen zehn Uhr ihren zweiten, finalen Auftritt haben und allen Fernsehzuschauern, die nicht viel größer sind als sie selber, mit „überzeugenden Sprüchen“ klarmachen, daß es jetzt doch vielleicht besser sei, in die Heia zu gehen, anstatt sich noch einen Hitchcock reinzuziehen. Das sei — so der Kenner — eine unheimlich starke Argumentationshilfe für die erschöpften Aufpasser und für die fernsehgeilen kleinen Monster auch. Weil denen ja sowieso eher einleuchtet, was der Mainzelmann meint, als was die verkalkten Alten schon wieder labern.

Nur eines scheint dem weisen Otto Schuster entgangen zu sein: Wie sollen die Männchen „überzeugende Sprüche“ bringen, wo sie doch über gar keinen Wortschatz verfügen. Oder haben Sie Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen schon mal was anderes als „Kuck ma“ oder „Gun Aaaaamnd“ sagen hören???

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