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Hafenstraßen-Kündigung rechtens

Oberlandesgericht Hamburg: Kündigung der Hafenstraße war rechtmäßig/ Den etwa hundert MieterInnen muß jetzt einzeln gekündigt werden/ Kündigungen werden schwierig  ■ Aus Hamburg Kai von Appen

Der Hamburger Senat ist der Räumung der seit zehn Jahren umkämpften Häuser in der Hafenstraße von St. Pauli einen Schritt näher gekommen: Gestern erklärte das hanseatische Oberlandesgericht (OLG) den Pachtvertrag zwischen der stadtstaatlichen „Hafenrand GmbH“ und dem BewohnerInnenverein für „fristlos gekündigt“.

Eine entsprechende Berufung der Bewohner gegen das Urteil vom Landgericht aus dem Januar wurde zurückgewiesen. Dennoch hat der Gerichtsbeschluß für die HafensträßlerInnen keine unmittelbaren Konsequenzen. Denn um den angestrebten Abriß der Häuserzeile erwirken zu können, muß die „Hafenrand“ gegen jeden einzelnen der hundert MieterInnen einen gerichtlichen Räumungstitel erwirken. Ein wenig überraschend allerdings die Begründung des OLG: Im Gegensatz zum Landgericht, das vor allem wegen der Gewalttätigkeiten der Bewohner eine Vertragsverletzung gesehen hatte, spielte die Randale mit der Polizei in der OLG-Begründung nur eine sekundäre Rolle. Vielmehr sieht das OLG den Vertrag bereits dadurch verletzt, daß sich der Verein weigert, „die Besitzverhältnisse offenzulegen“. OLG-Richter Dr. Barte: „Nach dem im Bürgerlichen Gesetzbuch definierten Gebot von Treu und Glauben kann der Klägerin [Hafenrand GmbH, d. Red.] nicht zugemutet werden, das Vertragsverhältnis fortzusetzen.“ Daher ist nach Auffassung des OLG der Vertrag auch erst mit Wirkung vom 17. Dezember 1990 unwirksam, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Landgerichtsprozeß bereits neun Monate lief.

Nach Meinung des Gerichts sei überdies der „Vertragszweck nicht erreicht worden“. Ziel des von Ex- Bürgermeister Klaus von Dohnanyi durchgepaukten Kontraktes sei „selbstbestimmtes Wohnen auf gewaltfreier Basis“ gewesen. Barte: „Es war bei Vertragsabschluß nicht damit gerechnet worden, daß die Gewaltproblematik sofort beendet werden könnte“, die „Erwartungen“ seien aber auch „in einer angemessenen Zeit nicht erfüllt worden“. Viele der inkriminierten Vorfälle hätten über ein Jahr nach Vertragsabschluß stattgefunden.

Der Boß der Hafenrand GmbH, Wolfgang Dirksen, zeigte sich zufrieden über den Richterspruch: „Ein weiter Schritt in Richtung Räumung“. Aber auch Dirksen räumte ein, daß nun der schwierigere Weg bevorsteht, auf dem er vor Gericht gegen jeden Bewohner einen Räumungsbefehl erwirken muß.

Und das könnte in der Tat schwierig werden, weil Dirksen momentan nicht einmal weiß, welche Mieterin in welcher Wohnung oder in welchem Zimmer wohnt. Und nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs genießen Untermietverträge, über die alle BewohnerInnen verfügen, den gleichen Rechtsstatuts wie Hauptmietverträge. Hafenstraßenanwalt Jens Waßmann: „Die Hafenrand muß gegen jeden Mieter klagen und begründen, daß er gegen den Mietvertrag verstoßen hat.“ Waßmann weist darauf hin, daß das gestrige Urteil also kein Persilschein zur Räumung sei.

Nach Auffassung Waßmanns könne allerdings die Situation eintreten, daß es wieder vermehrt zu Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern und Polizei kommt, wenn die Hafenrand GmbH Polizisten in die Häuser schickt, um zwecks Räumungsklagen Klingelleisten abzugleichen.

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