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Kohlerunde erringt Förderreduzierung

■ Minister Möllemann hat beim Subventionsabbau wenig Erfolg/ Rund 30.000 Bergleute weniger/ Steinkohleförderung in Deutschland soll um 20 Prozent verringert werden

Berlin/Bonn (dpa/taz) — Der neue Kohlevertrag steht. Nach zwei erfolglosen Versuchen einigte sich die große Kohlerunde gestern darauf, die deutsche Steinkohleförderung bis Ende dieses Jahrzehnts um gut 20 Prozent auf weniger als 55 Millionen Tonnen jährlich zu verringern. Lediglich noch 50 Millionen Tonnen sollen im Jahr 2000 zur Stromerzeugung und für die deutsche Stahlindustrie weiter subventioniert werden. Nach dem zwischen dem Wirtschaftsministerium, den Spitzen der Bergbauunternehmen, der Gewerkschaft Bergbau und Energie und den Kohleländern Nordrhein-Westfalen und Saarland ausgehandelten Kompromiß steht den Zechenkumpels ein kräftiger Personalabbau bevor: Die Zahl der im Steinkohlebergbau Beschäftigten wird um rund 30.000 auf knapp unter 100.000 im Jahr 2000 sinken.

Deutschlands oberster Subventionsbekämpfer hat kein Glück: Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) mußte sich auf die bereits im Oktober absehbare Einigungslinie einlassen. Er hatte zunächst gefordert, die Gesamtförderkapazität für Steinkohle von derzeit 70 Millionen Tonnen jährlich bis zum Jahr 2005 auf 45 Millionen Tonnen zu senken, während die IG Bergbau auf 55 Millionen Tonnen beharrte. Nach dem Scheitern der zweiten Kohlerunde hatte der Wirtschaftsminister signalisiert, die Bundesregierung könne auch mit Fördermenge von 50 Millionen Tonnen leben, wenn im Gegenzug die Subventionen drastisch reduziert würden. Sein Streichungsplan sah vor, die Kokskohle-Beihilfe in den nächsten drei Jahren um 1,1 Milliarden Mark zu kürzen; schließlich mußte er sich mit 550 Millionen begnügen.

Für die heimische Steinkohle flossen von 1988 bis 1990 aus dem Bundeshaushalt insgesamt rund 25 Milliarden Mark an Zuschüssen; jeder Arbeitsplatz kostete rund 79.000 Mark. Auch die EG-Kommission hatte auf eine drastische Reduzierung der Kohlesubventionen gedrängt und dem Jahrhundertvertrag für 1995 noch nicht zugestimmt. Aus Bergbaukreisen war jedoch verlautet, daß die EG bereit sei, noch einmal Subventionen zur Kohleverstromung von rund 41 Millionen Tonnen zuzulassen. Diese Zustimmung, die den Kompromiß erheblich erleichtert haben dürfte, ist allerdings an eine Reduzierung der Förderkapazitäten gebunden. Möllemann erklärte, nun wurden durch die Beschlüsse der Kohlerunde insgesamt 4 Milliarden Mark an Steinkohle-Subventionen eingespart.

Wieviel Bergleute durch die Einigung der Kohlerunde arbeitslos werden, stand am gestrigen Nachmittag noch nicht fest. Die Förderung der Zeche Sophia-Jacoba in Hückelhoven wird erst im Jahre 1977 auslaufen. Bisher waren dafür 1993 und 1995 im Gespräch. es

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